*+* Rebecca Russ: "Der Weg" (Hörbuch) *+*

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Stell dir vor, du stehst kurz vor der Hochzeit und plötzlich steht nach einer langen Zeit des Nichtsehens deine alte beste Freundin vor dir und hat einen Knaller für dich im Gepäck. Anstelle mit einem Junggesellinnen-Abschied überrascht sie dich mit Wanderplänen. Schon früher wolltet ihr gemeinsam den Kungsleden-Weg in Schweden laufen und nun ist es soweit. Du musst nur noch dein Gepäck zusammenklauben und los kann es gehen. Dein Verlobter ist natürlich nicht von dieser Idee begeistert und eigentlich tust du nur, was ihm auch zusagt, aber hier ist der Reiz einfach zu groß, der Wunsch zu übermächtig und natürlich nimmst du das Geschenk deiner Freundin freudig an, oder?

Von Beginn an konnte ich häufig die Handlungen und Entscheidungen der beiden Frauen – Braut Julia und Freundin Nicki - nicht nachvollziehen. Aber gut, dass Julia die Einladung angenommen hat, denn sonst hätte diese außergewöhnliche Wanderung nicht stattfinden können. Sie hat sich zu einer Tour voller Wenden und Überraschungen entpuppt und wie geplant ist hier gar nichts gelaufen. Dabei waren die zeitweisen unwirtlichen Wetterverhältnisse noch das kleinste Übel, obwohl die beiden Frauen dadurch getrennt wurden und sich allein durchschlagen mussten.

Die Autorin erzählt auf mehreren Ebenen. Wir befinden uns einerseits auf dem Kungsleden, andererseits tauchen wir aber auch in Erinnerungen und Gedanken von Julia und Nicki ein. Ich mochte die sehr langsame Erzählweise beim Zuhören, habe die Geschichte aber ob ihrer relativen Vorhersehbarkeit nicht als Thriller empfunden und wunderte mich zudem über die Naivität der beiden Hauptfiguren. Sie wirkten zunehmend unreif und unfertig, ja fast schon lebensunfähig. Dies hat die gut gewählte Sprecherin Ann-Kathrin Hinz gekonnt transportiert. An einigen Stellen könnte man meinen, sie sei wirklich selbst in diese verschiedenen aussichtslosen Situationen geraten und voller hilfloser Panik. Julia und Nicki hingegen konnten mich immer weniger überzeugen. Hatte ich zu Beginn noch Mitgefühl und empfand eine gewisse Nähe zu ihnen, entfernte ich mich emotional im weiteren Verlauf immer mehr von ihnen, da ich ihr blindes Tun und Denken nicht nachvollziehen konnte und häufig den Kopf über die beiden schüttelte.

Die Leseprobe las sich voller Potential, das zumindest für meinen Thriller-Geschmack nicht ausgenutzt wurde, und so bekam ich nicht den erhofften packenden Ohrenstürmer voller mitreißender Wenden, auch das Ende blieb stringent zum Rest der Story eher blass und unspektakulär.

Gut gefallen haben mir neben der Sprechleistung die Naturschilderungen, bei denen sich vor meinem inneren Auge die grandiose Landschaft aufspannte, voller Schnee, im Sturm sowie in ruhigen Wetterlagen – eine tolle Kulisse!

Fazit:
Die Geschmäcker sind verschieden und nachdem mich „Die Influencerin“ sehr begeistert hatte, konnte mich dieser Thriller der Autorin leider nicht abholen.