Der Welt nicht mehr verbunden: Die wahren Ursachen von Depressionen - und unerwartete Lösungen

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Der Welt nicht mehr verbunden: Die wahren Ursachen von Depressionen - und unerwartete Lösungen

Seitenzahl: 400 Seiten
Verlag: Harper Collins
ISBN: 9783959672689
Erscheinungsdatum: 1. Februar 2019

Inhalt:

Seit seiner Kindheit leidet Johann Hari unter Angstzuständen, Gefühlen von Traurigkeit und unendlicher Leere. Mit achtzehn bekommt er die Diagnose: Depression. Es folgt die langjährige Behandlung mit Antidepressiva. Doch trotz Anpassung der Dosis und Phasen der Besserung hat Hari das Gefühl: Die Depression hat ihn im Griff. Er beginnt die ärztliche Strategie zu hinterfragen: Sind Depressionen zwangsläufig auf ein biochemisches Ungleichgewicht im Gehirn zurückführen? Können Medikamente langfristig die Lösung sein? Und welche Rolle spielt die Pharmaindustrie dabei?
Was er entdeckt, stellt seine Einstellung radikal auf den Kopf: Denn für unsere Interpretation von Depression gibt es keinerlei Beweise. Im Gegenteil. Nach zahlreichen Gesprächen mit Medizinern, Psychologen, Sozialwissenschaftlern und Betroffenen auf der ganzen Welt, weiß er: Die wahren Ursachen von Depression liegen ganz woanders – und wir können etwas gegen sie tun.
Persönlicher Erfahrungsbericht und kluge Gesellschaftsanalyse zugleich, trifft Hari mit seinem Buch den Nerv unserer Zeit.

Meine Meinung:

Ich war sehr gespannt auf das Buch. Auch wenn ich mich nicht zu den vielen Menschen zähle, die unter Depressionen leiden (inzwischen ja eine Volkskrankheit), habe ich doch wahrscheinlich wie jeder andere auch mal, von Zeit zu Zeit Phasen der Traurigkeit, der Verzweiflung und eines etwas labileren psychischen Status.

Ich habe mich auf das Buch gefreut, auf Ratschläge und Anregungen und vielleicht darauf, dass ich etwas dazulernen kann, was mir auch im Alltag hilft, mir das Leben etwas glücklicher gestaltet und das habe ich bekommen! Ich sehe das Buch vor allem als Sachbuch und als Biografie und weniger als Ratgeber, da nie direkt der Leser angesprochen wird, sondern nur Informationen vermittelt werden. Und ich glaube das ist auch das Wichtige, da ich viel Kritik gelesen habe, das Buch sei nur ein weiterer Ratgeber, das sehe ich anders.

Was bietet das Buch? Johann Hari geht sehr auf seine eigene Vergangenheit und Gegenwart als depressiver Mensch ein, erzählt über seine schlechten Erfahrungen mit Antidepressiva und führt den Leser mit auf einen Weg, indem er sich als Laie (also weder Mediziner noch Pharmazeut) mit dem Thema auseinandersetzt. Er lernt viele Menschen kennen, viele Ärzte, viele Leidensgenossen, erzählt von sehr sehr vielen Studien und ihren Vor- und Nachteilen, da viele nicht wissen, wie beeinflussbar eine doch so neutral wirkende Studie sein kann. Er führt neun Dinge auf, die seiner Meinung nach die wahren Gründe für Depressionen sind und lenkt dabei weg von der sehr lange angenommenen Theorie, Depressionen wären durch eine Fehlfunktion des Gehirns (einem Serotoninmangel) ausgelöst und erklärt die heute gängige und (bei den meisten) vorherrschende Meinung, als Symptom oder Reaktion auf widrige Lebensumstände. Unter diesen Gründen sind unteranderem das Abgeschnittensein von Mitmenschen, sinnvollen Werten, einer sicheren Zukunft und der Natur. Somit zeigt Hari Lösungsvorschläge die sich nicht im chemischen Bereich (chemische Antidepressiva), sondern im sozialen Bereich befinden. Chemische Antidepressiva werden verglichen mit Pflastern, die eine Wunde nur verdecken aber die eigentlichen tiefsitzenden Schmerzen nicht heilen. Allein sich in die Natur zu begeben, kann einem helfen, mit seinen Problemen besser umzugehen. In dem ganzen Buch erkennt man vor allem seine Einstellung gegenüber Pharmaunternehmen, die ich etwas fraglich finde. Diese bleiben nämlich die ultimativen Bösen, die Antidepressiva, trotz geringer positiver Wirkung und vielen Nebenwirkungen, trotzdem vermarkten und andere Möglichkeiten (wie seine Vorschläge für Behandlungsmethoden, z.B. Meditation) gar nicht anführen. Dabei ist das meiner Meinung nach, nicht die Aufgabe von Pharmaunternehmen, sondern von Ärzten.
Mir gefiel sehr, dass Hari auch Statistiken aus verschiedenen Ländern aufgeführt hat, oft auch aus Deutschland. Am Ende ging er dann auf seine Vorschläge ein („eine andere Art von Antidepressiva“). Ich glaube diese letzten Kapitel in dem Buch, wären für viele Menschen, die solche Probleme haben, eine große Hilfe, zum einen macht er den Bezug zum Leser so nah, weil er von seinen eigenen Problemen erzählt, von seinem Kindheitstrauma, das macht es um einiges authentischer, zum anderen zeigt er wie andere mit ihren scheinbar ausweglosen Umständen umgegangen sind und regt zum Nachdenken an. Außerdem sind die Methoden die er vorschlägt, mehr oder weniger leicht zu verwirklichen, sich in manchen Situationen bewusst zu entscheiden, jetzt nicht zu neidisch zu sein, sich von Medien und Technik zu distanzieren, weil sie uns falsche Werte zeigen, sich der Natur und seinen Mitmenschen zuzuwenden.

Kritik: Leider schweift mir Hari oft zu sehr ab, es kommt einem so vor, als würde jeden Gedanken, den er jetzt hatte, zu Papier bringen, ob hilfreich oder nicht. Dabei geht er ab und zu auf Politik ein, die meiner Meinung nach, in dem Buch nicht so viel zu tun hat. Das Buch zog sich so leider in die Länge.

Fazit: Ich glaube Depressionen und Antidepressiva sind ein kontroverses Thema. Zu diesem Krankheitsbild, gibt es leider bisher nur Theorien, keine endgültig erfasste Ursache, weswegen es schwierig zu sagen ist, diese Denkweise ist falsch und nur diese andere richtig, wenn man diese nicht naturwissenschaftlich begründen kann. Trotzdem bietet Hari schöne Änderungen in der normalen westlichen Lebensweise, die sich alle, nicht nur depressive Menschen, zu Herzen nehmen sollten.