Berührend und fesselnd

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
sound.of.closing.doors Avatar

Von

1938 wird der sechsjährige Samuel Adler von seiner Familie getrennt. Seine Mutter bleibt noch im nazibesetzten Österreich, in der Hoffnung, den Vater aus dem Konzentrationslager befreien und ihrem Sohn nach England folgen zu können, doch vergebens. Samuel sieht die beiden nie wieder.

2019 kommt die siebenjährige Anita Diaz gemeinsam mit ihrer Mutter in die Vereinigten Staaten, auf der Flucht vor einem sehr gefährlichen und mächtigen Mann in El Salvador. Es wird ihnen kein Asyl gewährt und durch das illegale Übertreten der Grenze gelten sie als Verbrecher. Mutter und Tochter werden brutal auseinandergerissen.

„Er begriff, dass sein Schicksal nicht außergewöhnlich war, er war einer unter Millionen von Opfern.“



Wenn sich die immer gleiche Geschichte auch mehr als 80 Jahre später noch wiederholt, fragt man sich, wie viel Menschlichkeit auf dieser Welt überhaupt noch existiert.
"Der Wind kennt meinen Namen" erzählt die erschütternden Geschichten von Samuel und Anita, beschreibt das Leid und die Hilflosigkeit, aber auch die Hoffnungsschimmer und Hilfe, die beide erfahren dürfen.
Durch die beiden Protagonisten aber auch wundervolle Nebencharaktere erhalten wir einen kleinen Einblick in die Schicksale, die die beiden mit zahlreichen Flüchtigen weltweit teilen.

Ich finde es toll, dass eine so talentierte Autorin wie Isabel Allende sich diesem Thema in ihrem Roman angenommen hat und erschreckende Parallelen über etliche Jahrzehnte darstellt, die vielen Menschen in unserer Gesellschaft zu denken geben sollten.

„Seine Erinnerungen setzten sich aus den besten und den schlimmsten Momenten zusammen, das Übrige war ihm unterwegs abhandengekommen […]“



Isabel Allende erzählt hier eine bewegende Geschichte und wagt sich an ein wirklich großes Thema.
"Der Wind kennt meinen Namen" berichtet auf zwei Zeitebenen von der Flucht und den unbeschreiblichen Dingen, die so jungen Kindern und ihren Familien widerfahren sind.
Der Roman ist schockierend, aufwühlend, und grausam, aber auch hoffnungsvoll und voller Nächstenliebe.

Wie die beiden Schicksale von Samuel und Anita auserzählt werden und welcher Raum auch einigen Nebencharakteren gegeben wird, hat mich begeistert. Die verschiedenen Erzählstränge nähern sich einander erst spät wirklich an, werden von der Autorin aber gekonnt verwoben und ergeben einen guten Abschluss.

Die Lektüre ist thematisch anspruchsvoll, der Schreibstil äußerst angenehm zu lesen.
Eine große Leseempfehlung für Belletristik Liebhaber, Politik- und Geschichtsinteressierte und alle, die gerne mit Haut und Haar in die Schicksale der Hauptcharaktere eintauchen.

„Der Wind kennt meinen Namen und deinen auch. Alle wissen, wo wir sind. Ich bin hier mit dir, ich weiß, wo du bist, und du weißt, wo ich bin. Siehst du? Kein Grund, Angst zu haben.“