Das Leben ist Traum

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hybris Avatar

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Domenico Dara wurde 1971 in Italien geboren, er wuchs in Girifalco auf. Nach „Der Postbote von Girifalco, oder: Eine kurze Geschichte über den Zufall“ legt er mit „Der Zirkus von Girifalco“ den zweiten Roman vor, dessen Handlung im kleinen kalabrischen Ort angesiedelt ist.

Kaleidoskopartig entwirft der Autor die Geschichte, es scheinen kurze Episoden zu sein, Schlaglichter fallen auf die Leben der Bewohner, und doch hängt alles irgendwie zusammen, wie es im Mikrokosmos Dorf eben so ist. Es gibt skurrile Figuren, sind sie etwa Typen? Seit John Irving kennt man die speziellen Außenseiter. Es ist Daras Sprache, die besonders ist. Auch wenn manche Aussagen Widerspruch erregen. Da gibt es natürlich "unterwürfige Frauen", die man im Süden leicht "finden kann". Hausstände wie von "Sultanen". Aber dennoch liest sich das Ganze gut, oszilliert zwischen Poesie und Profanität. Auch Spuren von magischem Realismus sind enthalten.
Ich liebe die römisch – katholische Atmosphäre, welche vom Autor entworfen wird: Das Fest zu Ehren des Patronatsheiligen San Rocco steht an, das ganze Dorf fiebert diesem Ereignis entgegen, die gesamte Aufmerksamkeit ist auf diesen Feiertag gerichtet – niemand rechnet mit dem mysteriösen Zirkus, der seine Zelte in Girifalco aufschlagen und das Leben der Menschen entscheidend beeinflussen soll …

Über die Figuren habe ich mich köstlich amüsiert, aber ich habe auch mit ihnen gelitten. Unter dem Deckmantel der Homosexualität verhält sich etwa der Dorfschneider wie ein wahrer Don Juan. Die gehörnten Ehemänner ahnen gar nicht, dass er ihre Frauen verführt! Archimedu (nomen est omen) leidet hingegen unter dem Verlust seines Bruders. Beim Lesen musste ich unwillkürlich an die klassischen Elemente der griechischen Tragödie denken; der Humor kommt dennoch nicht zu kurz!
Obwohl die Figuren sehr eigen sind, kann man als Leser/in eine Verbindung zu ihnen aufbauen; trotz aller Skurrilität besitzen sie anrührende, menschliche Eigenschaften.
Nur gute Literatur kann das – den Leser berühren. Daher lohnt sich eine Lektüre des Romans, trotz gewisser Längen gelingt es Domenico Dara, eine fesselnde Erzählung zu präsentieren.