Bitterböser Humor

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caro.booklover Avatar

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Max und sein Opa Tschingis haben es nicht leicht. Die alles kontrollierende Großmutter Margo führt ein strenges Regiment. Da gibt es keine Brotkrümel auf dem Küchentisch, keine Eiscreme oder überhaupt irgendetwas außer Haferschleim für Max. Immerhin gibt es eine Geburtstagstorte - die der arme Junge aber nur anschauen darf. Essen werden sie nur die Großeltern. Zu sehr sorgt sich die Großmutter um seine Gesundheit, ja, geradezu um sein schieres Überleben. Sie schimpft ihn einen Idioten und prophezeit sein nahes Ableben. Wo andere eine Gute-Nacht-Geschichte hören, darf Max sich seine Beerdigung ausschmücken lassen. Da muss man schon an vielen Stellen schlucken, aber letztlich ist es ein fiktiver Roman und so überzeichnet, dass ich an den meisten Stellen durchaus lachen konnte (auch wenn das Verhalten bei aller ihr vielleicht doch zugrunde liegenden Liebe an psychische Kindesmisshandlung grenzt). Der Roman wird aus Max Ich-Perspektive erzählt und gibt einen Teil seiner Erinnerungen ab dem Vorschul- bis zum Jugendalter wider. Anfangs entwickelt sich die Geschichte recht gemächlich. Max erzählt anekdotenhaft von dem Zusammenleben mit seiner Großmutter (und dem Großvater, der aber so passiv ist und alles stoisch über sich ergehen lässt, dass seine Bedeutung erstmal nicht ganz klar ist). Der erklärte Idiot Max lernt schnell Deutsch, übersetzt für seine Großmutter und macht seine Hausaufgaben bald lieber allein, weil sie ihm Fehler diktiert. Es ist herrlich zu lesen, wie er sich mit der Zeit seine eigenen kleinen Freiräume schafft, die für ihn angesichts der vorherigen Indoktrination riesige Sprünge sind. Als Nina und ihre Tochter Vera in das Leben der kleinen Familie treten, ändert sich alles. Ab der großen Veränderung geht dann plötzlich auch im Roman alles sehr schnell, die Ereignisse scheinen sich manchmal förmlich zu überschlagen. Teilweise habe ich zurückgeblättert, um nachzuschauen, ob ich etwas überlesen habe. Hatte ich nicht. Und obwohl es sich so anfühlt, als würden viele Dinge ausgelassen werden, ist am Ende trotzdem alles gesagt und die Geschichte zum Abschluss gebracht. Nichtsdestotrotz hätte ich mir vor allem im letzten Drittel ein paar Seiten mehr gewünscht, die das rasante Tempo etwas bremsen, da in diesem Fall ein hohes Erzähltempo keinen Spannungsaufbau oder dergleichen bedeutet. Sprachlich hat es mir sehr gut gefallen und nach den Lobeshymnen auf die anderen Bücher der Autorin werde ich mir diese definitiv genauer ansehen.

Fazit:
Ein schwarzhumoriger Roman, der mit Klischees spielt und eine kurzweilige, ungewöhnliche Familiengeschichte bietet. Absolut lesenswert, aber z urück bleibt das Gefühl, etwas verpasst zu haben, deswegen reicht es für mich nicht zu den vollen 5 Sternen.