Eine russische Familie in Deutschland

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petris Avatar

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Nach „Die schärfsten Gericht der tatarischen Küche“ und vor allem nach „Baba Dunjas letzte Liebe“ zählt Alina Bronsky zu jenen Autor*innen, deren neue Bücher ich auf meiner Wunschliste habe. „Der Zopf meiner Großmutter“ war einer jener Titel aus der Liste der Neuerscheinungen, die ich unbedingt lesen wollte. Die Leseprobe gefiel mir, optisch erinnerte es ebenfalls an „Baba Dunja“, die Erwartung war hoch.

Das Buch beginnt stark, sprachlich im gewohnten Bronsky-Stil, im lockeren Stil erzählt sie ihre bitterböse Geschichte. Die Oma Margarita, die dem Enkel Maxim vorhält, dass er ein Krüppel ist, dass sie sich für ihn aufopfern muss, dass er sowieso nicht alt werden wird,… Der Großvater Tschingis, der auch sein Fett abbekommt, stumm und duldend daneben. Irgendwie unterhaltsam, aber gleichzeitig bleibt einem das Lachen im Hals stecken, im realen Leben wäre das psychischer Kindesmissbrauch.

Und dann geht alles sehr schnell, die Jahre vergehen, Maxim wird größer, der Großvater verliebt sich und schwängert die wesentlich jüngere Nina, deren Tochter Vera mit Maxim in die Klasse geht. Und alle werden zu einer etwas seltsamen Patchworkfamilie. Die Großmutter bleibt bösartig, tyrannisch und hat wenig Liebenswertes an sich.

Erst im letzten Abschnitt beginnt man ein wenig zu verstehen, warum sie ist, wie sie ist. Für Maxim wird es besser, generell werden die Erzählstränge sehr schnell zu Ende gebracht. Für meinen Geschmack etwas zu schnell, wobei ich das Ende an und für sich versöhnlich fand, und es gut zur Geschichte passte.

Erzählt wird aus Maxims Sicht, begonnen wird im Vorschulalter, am Ende sind wir im Jugendalter. Vielleicht auch daher die Sprünge und Auslassungen. So wie Erinnerung funktioniert, Verdrängung und Vergessen und irrelevanten Dingen inklusive.

Für meinen Geschmack war die Großmutter zu psychopathisch, auch wenn es ein Roman ist, tut es in der Seele weh so viel Grausamkeit gegen Mäxchen zu lesen. Die Lücken und das schnelle Ende fand ich zu viel der Auslassungen. Ein paar Seiten mehr, ein paar durcherzählte Entwicklungen mehr, hätten dem Roman gut getan.

Leider konnte Alina Bronsky hier nicht an die Vorgänger anschließen! Vielleicht hätte sie mehr Zeit gebraucht für diesen Roman. Wir werden sehen, wie es in dem nächsten aussieht. Denn dass sie gut erzählen kann, hat sie bereits mehrmals erwiesen.