Großmutter, Mann und Enkel auf Abwegen

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herzchen.65 Avatar

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"Der Zopf meiner Großmutter" von Alina Bronsky ist die Geschichte einer russischen Patchworkfamilie in Deutschland. Margo versucht mit ihrem Mann Tschingis in Deutschland Fuß zu fassen. Früher war sie groß gefeierte Tänzerin, heute fragt kaum noch jemand nach ihr. Mit im Schlepptau, ihr Enkel Max, den sie vor einfach allem beschützen, bewachen und vor jedem fernhalten möchte. Max ist ihr ein und alles und doch so ein zerbrechliches Kind, das scheinbar nach jedem kleinsten Fehler kaputt gehen könnte. Max ist ihre Aufgabe und so dreht sich alles um ihn, das komische deutsche Schulsystem, die deutschen Süßigkeiten, die noch fraglicheren Menschen, vor denen man sich stets in acht nehmen sollte. Und im ganzen Kuddelmuddel verliebt sich dann auch noch ihr Mann in eine andere Frau. Doch Margo ist so in ihrem Element aus Nörgelei, Wut, Angst, Wahnsinn, dass ihr es erst dämmert, als ihr Mann erneut Vater wird.

Es ist die Geschichte einer Frau, die einst gefeiert nun Angst davor hat, aufs Abstellgleis geschoben zu werden. Der Erzähler und Protagonist Max versucht seinen Weg zu finden und lernt nach und nach die echte Welt kennen, die Margo ihm ständig madig macht. So isst er dann auch Verbotenes, wartet auf den Tod und überlebt. Eigentlich ist er auch weder gebrechlich, noch krank, aber seine Großmutter ist felsenfest davon überzeugt, ihn vor allem schützen zu müssen. Bronskys Roman liest sich recht locker und leicht. Ich fühlte mich bis zur Hälfte auch sehr gut unterhalten, aber dann nimmt der ganze Wahnsinn seinen Lauf und wird mir viel zu abstrus. So kann ich dann am Ende leider auch nicht mehr sagen, dass ich dieses Buch toll finde. Die nörgelige, egozentrische alte Dame habe ich total lieb gewonnen, aber mit dem Kind ihres Mannes, der neuen Familie, dem ständigen Hin und Her, dem plötzlichen neuen Liebhaber und der Depression der anderen Frau, den zahlreichen Lügen usw. wurde mir alles einfach zu viel. Und so kann ich dann leider auch keine wirkliche Empfehlung aussprechen.