Drei Frauen auf dem Weg in die Freiheit

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lilly94 Avatar

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Ich habe gerade "Der Zopf" von Laetitia Colombani beendet und bin immer noch gefangen.
Das Buch erzählt drei Geschichten von drei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können:
Smita ist eine Dalit- eine Unberührbare. Für mich klingt unberührbar nach einer sehr reichen Kategorie Mensch, die so beliebt sind, dass sie eben unberührbar sind. In Indien gilt aber das genaue Gegenteil. Im Hinduismus werden Menschen in Kasten eingeteilt- quasi gesellschaftliche Schichten. In deine Kaste wirst Du hineingeboren und du hast keinerlei Möglichkeiten diese zu wechseln. Die Dalit sind die unterste Kaste- sie sind so großer Abschaum, dass sie nicht berührt, geschweige denn angeschaut werden können. Ich war mir dem Kastensystem bewusst, aber dass es so schlimm ist, hat mich traurig gemacht.
Zurück zum Buch: Smita lebt mit ihrer Familie in einem kleinen Dorf in Indien und wünscht sich ein besseres Leben für ihre kleine Tochter Lalita und scheint Glück zu haben: Lalita darf die Schule besuchen. Doch das Glück wärt nur kurz, aber Smita ist eine unglaublich starke Frau und versucht einen anderen Weg zu gehen.
Die zweite Frau ist Guilia. Sie ist Anfang 20 und arbeitet in der Firma ihres Vaters. Das Familienunternehmen in Sizilien stellt Perücken her und ist ihr ganzer Stolz. Doch das Schicksal ist gnadenlos und Guilia muss viel schneller erwachsen werden als ihr lieb ist. Auf ihrem Weg liegen einige Steine, doch Guilia kämft mit ganzem Herzen für das was sie liebt und woran sie glaubt.
Zu guter Letzt gibt es Sarah: die Erfolgreiche. Die Kanadierin hat alles erreicht, was Frau sich wünscht: Sie hat drei wundervolle Kinder und ist Teilhaberin einer großen Kanzlei. Doch auch ihr ist das Schicksal nicht wohlgesonnen. Lange erhält sie die Fassade des perfekten Lebens aufrecht, doch auch sie muss sich irgendwann eingestehen, dass es Dinge gibt, die nicht planbar sind.

So unterschiedlich die Frauen auch scheinen, eins haben sie gemeinsam: Die unglaubliche Kraft nicht aufzugeben und für das zu kämpfen, was wichtig ist. Ich habe schon beim Lesen der Leseprobe geahnt wo der Roman hinführt aber das hat überhaupt nicht gestört, denn die Story ist hier überhaupt nicht so wichtig. Viel wichtiger sind die Gefühle und Gedanken, die Laetitia Colombani mit ihrer malerischen Art zu schreiben übermittelt. Ich konnte weinen vor Wut, wenn Smita von den Vergewaltigungen der Dalit Frauen erzählt und ich konnte lächeln, wenn Guilia ganz warmherzig über ihre Beziehung zu ihrem Vater spricht. Am wenigsten konnte ich mit Sarah identifizieren, weil sie wegen ihrer Erfolgssucht teilweise doch sehr naiv war, aber nichts desto trotz hat mich ihre Geschichte berührt. Der zeitlose Roman zeigt, wie unterschiedlich Frauen sein können und wie jede in ihrer gesellschaftlichen Position ihre Kraft zeigen kann. Besonders Sarahs Beispiel zeigt, dass eine Frau selbst in der westlichen Welt noch für ihre Rechte kämpfen muss.

Ich habe keinerlei Kritik und empfehle dieses kleine Buch (es sind lediglich 300 Seiten, die ich ratz fatz verschlungen habe) jedem, der starke Frauencharaktere mag und gerne in drei völlig verschiedene Welten eintauchen möchte. Ich hätte auch noch 300 Seiten mehr von den Dreien lesen können.