Nicht immer überzeugend aber gut

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ismaela Avatar

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"Deutscher Meister" von Stephanie Bart ist ein knapp 400 Seiten langer Roman über einen charismatischen, erfolgreichen und beliebten Boxer, der, weil Sinto, von den Nationalsozialisten gnadenlos geschnitten und letztendlich ermordet wird.
Zugegeben: ich bin kein Fan vom Box"sport" - eher ist dieser Vorgang ein Verprügeln unter Aufsicht, aber dieses Buch habe ich trotzdem sehr sehr gerne gelesen. Es ist der Autorin zugute zu halten, dass sie einen doch relativ unbekannten Vertreter dieser Zunft "ausgegraben", viel Arbeit in die Recherche und das Schreiben investiert hat. Das Buch ist leicht und flüssig zu lesen, obwohl man ab und an über ungewohnte Satz- oder Wortkonstellationen stolpert. Auch die Stimmung der gerade erstarkenden Nationalsozialisten und das Bestreben von vielen, ihnen nachzueifern, ist gut umgesetzt worden. Die Stimmungen bei den Boxkämpfen und die Art, wie gekämpft wird, wirkt, als wäre man live vor Ort und jeder Schlag, über den man liest, tut einem fast schon spürbar selbst weh.
Allerdings schlägt sich dieses Buch auch mit einigen Längen und Negativem herum. Wie schon andere vor mir muss auch ich bemängeln, dass die vorgestellten Figuren blass und eindimensional wirken, das wird noch dadurch verstärkt, dass es so viele sind. Vor allem am Anfang kommen Namen über Namen und irgendwann droht man, den Überblick zu verlieren. Sogar Trollmann bleibt irgendwie emotionslos. Auch die stakkatoartigen Dialoge, die den Textfluss zerteilen, wirken statisch und oft fast schon fehl am Platz, und das nicht nur wegen der krampfhaft verwendeten "Berliner Schnauze" oder den fremdsprachigen Einwürfen.
Ganz zum Schluss noch ein kurzes Wort zum Einband: die Gestaltung mit der Hintergrundfarbe und dem Titel hat mir gut gefallen, nur der Schattenriss mit der Paketschnur drumherum wirkt ein bisschen billig.
Nichtsdestotrotz hat mich das Buch gefesselt - vielleicht nicht so sehr wie andere davor - aber ich konnte es, einmal angefangen, nur schwer aus der Hand legen. Ich würde es deshalb ohne schlechtes Gewissen weiterempfehlen, allerdings vielleicht nur an Leute, die sich für das Thema - Nationalsozialismus im Allgemeinen und den Sport in dieser Zeit im Speziellen - interessieren.