Eine zweite Chance für die erste Liebe

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buecherfan.wit Avatar

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Im Roman “Die Achse meiner Welt” gibt es für die Protagonistin Rachel, die zugleich als Ich-Erzählerin fungiert, zwei Versionen ihres Lebens in einem Zeitraum von fünf Jahren, von 2008-2013. Ihr erstes Leben endet an einem Dezemberabend, ihr zweites beginnt zehn Stunden später im Krankenhaus. Die eigentliche Geschichte fängt 2008 an, als Rachel mit ihrer Clique den Abschied von der Schulzeit feiert, bevor sich die Freunde in alle Winde zerstreuen. Sie selbst will in eine andere Stadt ziehen, um Journalistik zu studieren. Rachel fällt der Abschied schwer. Sie macht sich Sorgen um ihre Beziehung zu Matt, weil die attraktive Cathy offensichtlich an dem wohlhabenden, gut aussehenden jungen Mann interessiert ist. Außerdem wird an diesem Abend deutlich, dass Jimmy, ihr Freund seit der frühen Kindheit, nicht nur freundschaftliche Gefühle für sie hegt. Doch dann passiert ein furchtbarer Unfall. Ein junger Fahrer verliert die Kontrolle über sein Fahrzeug und rast durch die Fensterscheibe in das Restaurant. Jimmy opfert sein Leben, um ihres zu retten.

Rachel wird nie aufhören, sich die Schuld an seinem Tod zu geben und sich dafür zu bestrafen. Sie hat fünf schwere Jahre vor sich. Ihr Gesicht ist von Narben entstellt. Sie ist nie Journalistin geworden, sondern arbeitet als Sekretärin in einer kleinen Firma. Ihre Beziehung zu Matt ist bald zerbrochen. Rachel leidet unter quälenden Kopfschmerzen, die sie mit immer stärkeren Schmerzmitteln bekämpft. Ihr Vater ist todkrank. Fünf Jahre später, am Vorabend der Hochzeit ihrer besten Freundin Sarah trifft sich die Clique wieder, und Rachel hat entweder einen Zusammenbruch an Jimmys Grab, oder sie wird in einer einsamen Straße von einem Unbekannten überfallen - je nachdem, welcher Version ihres Lebens man Glauben schenkt.

Als sie im Krankenhaus aufwacht, hat sie anscheinend ein ganz anderes Leben als in ihrer Erinnerung. Jimmy lebt, und sie ist immer noch mit Matt zusammen, der nach wie vor von Cathy umworben wird. Sie arbeitet als Journalistin, und ihr Vater ist kerngesund. Mit Jimmys Hilfe sucht sie nach den Spuren der Vergangenheit, an die sie sich erinnert und gibt endlich ihrer wahren Liebe eine Chance.

Dani Atkins erzählt eine Geschichte mit autobiografischen Zügen, was den selten realisierbaren Wunsch betrifft, mit der ersten, einzigen großen Liebe doch noch im zweiten Anlauf eine lebenslange Beziehung einzugehen. Ihre Geschichte mit den alternativen Lebensläufen verwirrt den Leser, der sich bis zum Schluss fragt, ob es dafür eine rationale Erklärung gibt oder ob es sich hier um einen Fantasy-Roman handelt. Die Grundidee ist nicht neu. Autoren wie Ian McEwan (“Abbitte”) oder Kate Atkinson (“Die Unvollendete”) haben in ihren Romanen alternative Handlungsabläufe verwandt, wobei den Protagonisten meist nicht bewusst ist, dass es in “ihrem Leben” auch andere Leben gibt. In diesen Fällen muss der Leser die irreale Prämisse einfach akzeptieren. Atkins entscheidet sich für eine erzähltechnisch ungewöhnliche Konstruktion und überrascht und berührt den Leser. Ein durchaus empfehlenswerter Roman.