Wenn man das Leben nochmal umschreiben könnte ...

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Rachel ist dabei, einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Nach dem Sommer will sie ihr Studium als Journalistin beginnen und muss dafür ihr bisheriges Zuhause verlassen. Das bedeutet auch, dass sie ihren Verlobten Matt und ihren besten Freund Jimmy zurück lassen muss. Etwas beklommen malt sie sich eine mögliche Zukunft aus. Doch plötzlich verändert ein einziger Moment ihre Planungen. Ein Fahrer verliert die Gewalt über sein Auto und rast in das Restaurant, in dem Rachel und ihre Freunde feiern. Es bricht eine Panik aus. Rachel ist eingeklemmt und benötigt Hilfe. Jimmy kann sie zwar noch rechtzeitig erreichen, doch für ihn kommt Hilfe zu spät. Rachel verliert ihren besten Freund, weil er sie retten wollte. Mit diesen Schuldgefühlen kann sie kaum umgehen und flieht aus ihrem Umfeld nach London. Sie lässt ihre Träume platzen und arbeitet als Sekretärin. Von ihrem Gehalt finanziert sie sich eine heruntergekommene Wohnung. Erst fünf Jahre später findet sie den Mut und kehrt sie wegen der Hochzeit ihrer Freundin Sarah doch noch mal in die alte Heimat zurück. Sie wird überfallen und trägt schwere Kopfverletzungen davon. Als sie im Krankenhaus erwacht ist ihr Leben plötzlich so, wie sie es sich immer gewünscht hat. Allerdings scheint sich außer ihr niemand an die letzten fünf Jahre zu erinnern.

Dani Atkins kreiert ein Szenario, das sich wohl niemand wünscht. Hoffnungsvoll und lebensbejahend treffen sich junge Menschen, um ein letztes Mal zusammen zu sein. Sie stehen kurz vor einem großen Lebensschritt. Niemand denkt in diesen Momenten über den Tod nach und trotzdem kann es jederzeit so weit sein. Rachel quält nicht nur der Verlust des Freundes, sondern auch die Tatsache, dass er wegen ihr zurück gekommen ist. Fünf Jahre später dann der zweite Unfall mit ebenso schweren Verletzungen. Der Leser ahnt nun schon, dass die vorgegaugelte Parallelwelt vielleicht nur in Rachels Vorstellungen existiert. Dennoch sind beide Lebenswege absolut glaubwürdig beschrieben. Man nimmt Rachel die überaus reale Erinnerung an ihr altes Leben ab und ihre Zweifel, ob sie sich hier in einer Amnesie befindet, oder ob es tatsächlich andere Leben gibt.

Die britische Autorin greift ein schwieriges Thema auf. Oft wünscht man sich, dass man in der Vergangenheit eine andere Entscheidung getroffen hätte. Manche Lebenswege sind daraufhin nicht mehr zu ändern oder nur mit vielen schmerzhaften Erlebnissen. Die hier gewählte Ich-Form erleichtert es dem Leser, sich in Rachel hinein zu versetzen. Man folgt ihr sowohl in dem traurigen Leben, in dem Schuldgefühle, Trauer und Krankheit vorherrschen, als auch im glücklichen Abschnitt. Die Handlungsstränge werden so lebendig erzählt, dass man den Ursprung bald vergessen hat. Die Nebenfiguren nehmen nur wenig Raum ein und erhöhen somit den Fokus auf Rachel, Jimmy, Matt und Rachels Vater. Dennoch tragen sie zu Szenen bei, die die Geschichte vorantreiben und authentisch wirken lassen. Der Roman unterhält auf eine mühelose Weise. Beide Zeiten fließen am Ende so perfekt ineinander, dass ein kurzer Moment der Überraschung entsteht. Die Mischung aus Fiktion und Romantik ist genau richtig gewählt und rührt beim Leser Emotionen an. Zwangsläufig stellt man sich die Frage, ob man an Rachels Stelle genauso handeln würde. Doch wieviele erhalten schon die Chance, an einen bestimmten Zeitpunkt zurückzukehren? Atkins Debüt hallt noch eine Weile nach.