Gelungener Abschluss der Familien-Trilogie um Ricarda Thomasius

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Der letzte Teil der Trilogie um die Ärztin Ricarda Thomasius und ihre Familie spielt in der Zeit des ersten Weltkriegs und der Nachkriegsjahre, genau genommen umfasst die Handlung einen Zeitraum von sechs Jahren, beginnend an Weihnachten 1914 und endend an Weihnachten 1920.
Ich empfehle auf jeden Fall, mit dem ersten Band anzufangen, denn die Geschichte der Familie Thomasius ist ziemlich „kurvenreich“, und es würden unweigerlich wichtige Informationen fehlen, wenn man gleich beim dritten Band einsteigen würde. Weitgehend spielt die Handlung in Berlin, aber da Ricardas Sohn Georg und ein Teil der Familie in München lebt, gibt es auch einige Kapitel, die dort stattfinden. Außerdem verfolgen wir einen Handlungsstrang in Amerika, denn dorthin ist Ricardas älteste Tochter Henny übersiedelt.
Ricarda hat sich weiter entwickelt. Mit den Jahren ist sie reifer und nachdenklicher und auch weicher geworden. Vieles, was sie in der Vergangenheit erlebt hat, hinterfragt sie inzwischen, vor allem wenn es um ihre drei Kinder geht. Henny, Georg und Antonia haben ihre eigenen Vorstellungen von ihrer Zukunft, und da wird so manches durchgesetzt, ohne Rücksicht auf Verluste. Alle machen Fehler und gehen ihren Weg, aber das ist ja nichts Ungewöhnliches, denn auf diese Weise grenzen sich Kinder von ihren Eltern ab, und das ist der Lauf der Welt. Ricardas Mann Siegfried wirkt dabei wie ein ruhender Pol. Er ist der eher besonnene Ratgeber im Hintergrund und für Ricarda der Hafen in der Brandung. So weit könnte es eine ganz normale Familiengeschichte sein, die hier erzählt wird. Aber die historischen Ereignisse sind außergewöhnlich. Es herrscht Krieg, und daraus resultiert das Elend und der Hunger in der Bevölkerung. Sie Stimmung im Land wird sehr anschaulich wiedergegeben, und man kann den Unmut der Menschen nachvollziehen. Auch die Ereignisse bei Kriegsende sind dramatisch und so lebendig geschildert, dass man fast meint, mit dabei zu sein.
Es ist interessant, über die historische und auch über die wissenschaftliche Entwicklung zu lesen. Die Welt ist im Umbruch. Man erfährt viel über die damalige Stellung der Frauen und ihre Rechte, und es wird sehr deutlich, dass trotz des Fortschritts auch Ricardas Töchter mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben wie sie selbst vor vielen Jahren. Zwar haben Frauen inzwischen das Wahlrecht, aber in den Köpfen der Männer ist diese Veränderung noch nicht wirklich angekommen.

Wie bereits erwähnt, läuft bei Ricardas Familie nicht alles harmonisch. Bei der Familie Thomasius wird an allen Fronten gekämpft, nicht nur im Krieg, denn hier jagt eine Katastrophe die nächste. Ich muss gestehen, dass es mir manchmal etwas zu viel wurde mit den dramatischen Ereignissen. Hier kommt es wirklich an allen Ecken und Enden knüppeldick, was mir nicht immer ganz glaubwürdig erschien. Einige Situationen aus Ricardas Vergangenheit wiederholen sich bei ihren Kindern, so dass ich nicht nur einmal das Gefühl hatte, ein Déjà-vu zu erleben.
Trotzdem fand ich auch den dritten Band angenehm zu lesen, und ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Wenn man bereits zwei Bände gelesen und die Familiengeschichte verfolgt hat, möchte man ja schließlich wissen, wie alles ausgeht. Diesmal gab es keinen Cliffhanger, wie beim zweiten Band, sondern alles hat einen runden, zufriedenstellenden Abschluss gefunden, und ich bin auf jeden Fall froh, die Trilogie gelesen zu haben.