Spuren des Krieges

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matheelfe Avatar

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„...Jedes Leben ist letztlich nicht mehr als ein Funke in der Ewigkeit, der rasend schnell verglüht. Man muss ihn liebevoll behandeln, diesen kleinen Funken...“

Wir schreiben Weihnachten 1914. Die Ärzte Ricarda und Siegfried sind aus China nach Berlin zurückkehrt. Der Krieg hat schon die ersten Spuren in der Familie hinterlassen. Ricardas Sohn Georg hat sich freiwillig an die Front gemeldet. Auch alle drei Neffen sind im Krieg.
Henny, die ältere Tochter und ebenfalls Ärztin, hat sich unsterblich in Victor Vandenberg, den Sohn von Florentine, verliebt. Er hat sowohl die deutsche als auch die amerikanische Staatsbürgerschaft. Ricarda ist gegen diese Heirat. Die Gründe liegen tief in ihrer Vergangenheit. Das aber führt zum Zerwürfnis mit der Tochter. Die geht mit Victor in die USA, auch weil Victor nicht zum Militär möchte.
Toni, das Nesthäkchen träumt davon, Tierärztin zu werden. Sie arbeitet in ihrer Freizeit im Zoo. Ein Studium der Tiermedizin aber ist für Frauen noch nicht möglich.
Die Autorin hat einen spannenden historischen Roman geschrieben. Es ist der dritte Teil der Serie. Obwohl ich die ersten beiden Teile noch nicht kenne, hatte ich kein Problem, dem Geschehen zu folgen.
Der Schriftstil lässt sich flott lesen. Er passt sich gekonnt dem Inhalt an.
Obwohl das Zeitgeschehen nur kurz berührt wird, spielen seine Folgen in der Handlung eine zunehmende Rolle. Ricarda muss ihre Praxis aufgeben. Das ist der Länge des Krieges und dem fehlenden Geld geschuldet. Sie arbeitet nun als Ärztin an der Charité. Dort trifft sie zunehmend auf junge Frauen, denen bei die Arbeit in Munitionsfabriken schwere Verletzungen zugeführt werden.
Zu den inhaltsreichsten Gesprächen gehört das zwischen Ricarda und ihrer Schwester Rosel. Es geht um den Krieg und die unterschiedliche Einstellungen dazu. Ricarda konstatiert:

„....Dieser Krieg war vorauszuahnen. Ich selbst hätte ihn kommen sehen können...“

Ricarda ist es gewohnt, ihre Meinung zu sagen. Das kommt nicht immer gut an. Sie ahnt die Gefahren der Spanischen Grippe, wird aber zum Stillhalten verdonnert. Als ihr nach dem Krieg ein ehemaliger Offizier vor die Nase gesetzt wird, eskaliert die Situation .

„...Die Männer sind zurück aus dem Krieg, und schon gelten die Rechte der Frauen nichts mehr...“

Während Toni nach dem Krieg erst einmal ihre Jugend genießt, Jazzmusik und Tanz kennenlernt, muss Henny in Amerika erkennen, dass das Leben in Los Angeles nur ein schöner Schein ist. Es dauert etwas, bis sie begreift, dass sie einen Neuanfang braucht.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die innere Spannung resultiert aus den komplexen Beziehungen der Protagonisten, aber auch aus den schwierigen Zeitverhältnissen. Noch müssen Frauen hart um jedes Recht kämpfen. In dem Umkreis der Familie prallen unterschiedliche Meinungen hart aufeinander. Verlust und Trauer bleiben nicht aus. Jeder geht anders damit um.