Familiengeschichte

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Irene von Bamberg, genannt Isi, ist noch nicht volljährig als sie ihren späteren Ehemann Hermann Henselmann, einen ambitionierten Architekten, kennen lernt. Hermann unterstützt die zehn Jahre jüngere Isi, deren Traum es ist selber auch Architektin zu werden. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg kommt das erste Kind zur Welt. Insgesamt werden die Henselmanns acht Kinder gemeinsam haben. Eins davon ist die zarte gebrechliche Isa, die von allen Kindern wohl am meisten unter dem ehrgeizigen und cholerischen Vater gelitten hat.
Während Hermann nach dem Krieg in der DDR Karriere macht, zunächst als Direktor der Staatlichen Hochschule für Baukunst und Bildende Künste in Weimar, später als Chefarchitekt Ost-Berlins, bleibt die Selbstverwirklichung seiner Frau zunehmend auf der Strecke.

Autorin Florentine Anders ist die Tochter von Isa Henselmann, Enkelin von Hermann und Isi Henselmann. Sie erzählt in chronologischer Reihenfolge die Geschichte ihrer Großeltern, ihrer Mutter, Tanten und Onkels, ihrer ganzen Familie eigentlich. Was zunächst wie eine bloße Aufzählung der wichtigsten Ereignisse und Stationen im Leben ihrer Vorfahren erscheint, entfaltet bald seine volle Tragweite. Hermann Henselmann kann nicht nur charmant, weltgewandt und verschwenderisch sein, sondern auch jähzornig und cholerisch. Das lässt er am meisten an seinen Kindern Isa und Andreas aus. Mutter Isi kann oder will die Kinder nicht vor den Wutanfällen des Vaters schützen.
Hermann Henselmann war ein großer Architekt. Aus seiner Feder stammen u.a. die Entwürfe für das City-Hochhaus in Leipzig, den Jentower in Jena und den Berliner Fernsehturm. Doch für mich werden aus diesem Buch eher die negativen Aspekte dieses Menschen hängen bleiben, die psychische und physische Gewalt gegenüber seinen Kindern, der Betrug an seiner Frau.
Mit Spannung, Unverständnis und großem Interesse habe ich die Entwicklung dieser Großfamilie über die Jahrzehnte verfolgt, die von Ruhm, Schmerz und Leid geprägt war. Florentine Anders ist damit ein großes Stück Zeitgeschichte und ein Blick hinter die sprichwörtliche Fassade gelungen.