Courage all the time

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Die Vereinigten Staaten sind das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Ein Musterbeispiel für den amerikanischen Traum ist Allene Tew, die Heldin der Biographie "Die amerikanische Prinzessin" von Annjet van der Zijl. Am 13. April 1927 geht Allene Tew im Hafen von New York an Bord der Mauretania. Sie lässt ein Leben hinter sich, das ihr alles geschenkt hatte, wovon sie als junges Mädchen vom Land einst träumte: Wohlstand, Ansehen, Mutterglück und die Liebe ihres Lebens. Fast alles hat sie wieder verloren. ›Die reichste und traurigste Witwe der Stadt‹ nennen die Klatschspalten Allene. Doch an diesem Tag bricht sie auf in eine neue Welt. In Europa wartet auf sie eine zweite Heimat, eine Zukunft als wahrhaftige Prinzessin, russische Gräfin und Patentante von Königin Beatrix.

Das Cover ist in Sepia-Tönen gehalten und erinnert an eine Fotografie aus einem alten, verstaubten Album. Es zeigt eine in kühles Weiß gekleidete Frau, die sich in einem Boot an Land bringen läßt, das die amerikanische Flagge trägt. Sie zeigt eine stolze, aufrechte Haltung und hält einen Sonnenschirm in der Hand, um ihren blassen Teint vor der Sonne zu schützen. Der Titel der Biographie ist gut gewählt. Er birgt einen tiefen Widerspruch in sich und macht auf die Biographie neugierig.

Die niederländische Autorin und Historikerin Annjet van der Zijl hat gründlich recherchiert und stützt sich auf viele historische Dokumente. Sie schreibt in einem gut lesbaren Stil und rekonstruiert ein bewegtes Leben, das sich vor einem interessanten historischen Panorama vollzieht. Allene Tew stammt aus einer einfachen, in Jamestown lebenden Familie und schafft über gut gewählte eheliche Verbindungen den sozialen Aufstieg in einer Epoche, die sie durch Wirtschaftsboom, Revolution, die Goldenen Zwanziger Jahre, Weltwirtschaftskrise und - nicht zu vergessen - zwei Weltkriege führt.

Sie ist eine starke Persönlichkeit, deren erklärter Wahlspruch lautet: Courage all the time. In ihrem bewegten Leben muss sie viele schwere Schicksalsschläge (Scheidungen, Tod von Kindern und Ehemännern) ertragen, aber sie lässt sich niemals gehen, sondern bewahrt stets die Contenance und geht gestärkt aus ihnen hervor. Wenn man so will, ist diese distanzierte, kühle Haltung ihrer Erziehung in der Viktorianischen Epoche geschuldet.

Charakterlich gesehen scheint sie ein großzügiger, toleranter Mensch gewesen zu sein, dem wahre Loyalität mehr bedeutete als familiäre Bindungen. Wer einmal ihr Herz gewonnen hatte, konnte ihrer (finanziellen) Unterstützung - auch über den Tod hinaus - sicher sein. Dies gilt nicht nur für ihren geliebten Stiefsohn und ihren letzten Ehemann, sondern auch für andere Menschen, die sie durch "zufällige" Begegnungen kennen- und schätzen gelernt hatte. Vor allem ihre enge Bindung an das niederländische Königshaus hat mich persönlich überrascht.

Allene Tew hat den amerikanischen Traum verwirklicht. Aber ist sie glücklich geworden? Die Antwort auf diese schwierige Frage muss der Leser selbst finden. In jedem Falle hat diese faszinierende Biographie einer ungewöhnlichen Frau, die den Mut hat, ihren Weg bis zum bitteren Ende zu gehen, die Höchstpunktzahl von 5 Sternen verdient.