Wie aus dem Provinzmädchen Allene Tew die amerikanische Prinzessin wurde

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"Sie war reich, doch was Menschen, die wirklich zu ihr gehörten, anging, war sie ärmer als der einfachste Angestellte in ihren Häusern."


Allene Tew wird im Jahre 1872 in der amerikanischen Provinzstadt Jamestown geboren, hinein in eine Pionierfamilie, die sich dieses Stückchen Land und ihren Wohlstand hart erarbeitet hat. Als sie mit 18 Jahren von ihrem Liebhaber schwanger wird, brennt sie kurzerhand mit ihm durch und heiratet ihn - Tod, einen der reichsten Männer des damaligen Amerika. Und so beginnt Allenes Geschichte zwischen Amerika und Europa, mit ihren Ehemännern und ihren Häusern. In einer Zeit immensen Umschwungs muss sie sich zurechtfinden und ihren Weg gehen, der sie zu einer der reichsten amerikanischen Frauen und ersten amerikanischen Prinzessin macht.


Annejet van der Zijl erzählt in "Die amerikanische Prinzessin" von einer Frau, die den meisten wohl trotz ihres Standes unbekannt sein dürfte. Die Idee dazu kam der Autorin in Allenes Sterbehaus in Frankreich . Seither hat sie unermüdlich recherchiert, was sich auch in dieser Roman-Biographie niederschlägt. Jeder Schritt in Allenes Leben, den Frau van der Zijl aufzeigt, ist durch Tagebucheinträge, Zeitungsartikel, Pressestimmen und Zeitzeugenberichte belegt. So ergibt sich ein außerordentlich authentisches Bild dieser Frau.


Allerdings spielt Allene in ihrer Biographie nicht immer die Hauptrolle. Oftmals werden zeitgeschichtliche Begebenheiten geschildert und analysiert oder Exkurse zu anderen Personen unternommen. So verliert man Allene ab und an aus den Augen, lernt dafür aber einiges über das Drumherum. Daher sehe ich das Buch auch und vor allem als kleine Geschichte Amerikas, wie es die Autorin im Nachwort auch anmerkt.


Allene selbst ist mir in diesem Buch merkwürdig fremd geblieben. Sie hat sich durch verschiedene Millionärsfamilien und Adelshäuser geheiratet, hat etliche Verluste erleiden müssen und dennoch nie zurückgeblickt. Klar, in einer Biographie zählt die Außenperspektive, das Draufschauen auf den Menschen, aber Allenes Außergewöhnlichkeit blieb für mich ungreifbar. Das Besondere liegt natürlich in ihrem Werdegang vom Provinzmädchen zur Prinzengattin, aber doch hat sie das alles nur durch Hochzeiten geschafft. Im Grunde war sie immer nur irgendjemandes Ehefrau. Ihr eigenes Schaffen und Engagement kamen mir zu kurz.


"Die amerikanische Prinzessin" ist ein herausragend recherchiertes Werk, das uns mitnimmt auf eine Achterbahnfahrt der Zeitgeschichte. In regelmäßigen Abständen blüht Amerika auf und fällt wieder in sich zusammen, und vor diesem Panorama betrachten wir Allenes Leben, die viele Ehemänner und dreimal so viele Häuser hatte. Für mich war das Buch ein spannender zeitgeschichtlicher Exkurs, den ich innerhalb von wenigen Stunden verschlungen hatte, in dem Allene aber merkwürdig klein wirkte. Ich gebe daher nur 4 Sternchen.