Etwas Schlimmes ist passiert!

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sagittaria Avatar

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Schon die ersten Zeilen verweisen auf ein schreckliches Verbrechen. Toni, die Tochter der Opfer, fühlt sich an der Ermordung der Eltern mitschuldig. Warum? Das bleibt auf den ersten Seiten noch unklar, fördert aber schon zu Beginn eine gewisse Neugierde und den Wunsch, das Buch weiterzulesen. Doch zunächst erfährt der Leser nur, dass das folgende Verbrechen in Zusammenhang mit Tonis gut überstandener Augenoperation steht und damit, dass sie sich auf die Suche nach der Organspenderin begeben hat.
Toni erscheint, trotz ihrer fast vierzig Jahre, unreif und unentschlossen. Erst im Alter von 12 Jahren zieht sie von der geliebten Oma zu den Eltern. Wieder die Frage des Lesers: warum? Welche Gründe führten zu der einschneidenden Entscheidung, das eigene Kind so lange Zeit wegzugeben? Sie wächst bei ihrem verständnisvollen, aber alkoholabhängigen Vater und der unterkühlt wirkenden Mutter auf. Auch die Freundschaft/ Liebe zum Freund ist problematisch. Eine On-Off-Beziehung, wie Toni sie beschreibt.
Tonis Job ist es, die Wohnungen Verstorbener auszuräumen. Da ich selbst schon eine Wohnung in einem alten Schloss leer geräumt habe, konnte ich Tonis Empfindungen während ihrer Arbeit gut nachvollziehen. Dieses Kitzeln, vielleicht doch einen Gegenstand von Wert zu finden. Das Durchstöbern eigentlich verschlossener Schubladen und das Lesen intimster Liebesbriefe, vermitteln einerseits ein Gefühl von Goldgräberstimmung und andererseits ein mulmiges Gefühl wegen dreistem Voyeurismus.
Das Buch wird in zwei Handlungssträngen erzählt, vor und nach dem Verbrechen. Der Text ist eher ruhig und wenig dramatisch, dennoch baut sich die Spannung gleich zu Beginn kontinuierlich auf. Geschilderte Gefühle sind nachvollziehbar, die Personen glaubwürdig. Das Cover spricht mich weniger an. Es vermittelt den Eindruck einer Heimatbiographie aus den Fünfzigerjahren.
Fazit für mich: bis jetzt absolut lesenswert.