Das Leben eines älteren Witwers ausführlich erzählt

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Katharine Dion zeichnet in ihrem Roman "Die Angehörigen" ein ausführliches Bild des ca. Anfang siebzigjährigen, kürzlich nach 49 Jahren der Ehe verwitweten Gene. Seine Frau Maida ist plötzlich verstorben und aufgrund dessen ist seine Tochter mit der Enkelin angereist. Berichtet wird über die Zeit kurz vor und einige Monate nach der Beerdigung Maidas. Wir erfahren aber durchaus viel mehr aus dem Leben von Gene mit seiner Frau durch Rückblenden zu verschiedenen Szenen ihres gemeinsamen Lebens.

Dion beschäftigt sich in ihrem Roman mit der psychologischen Betrachtung der Beziehungen - sowohl freundschaftlich als auch amourös und auch beides zusammen -, die wir im Laufe unseres Lebens führen, die wir gern geführt hätten und die wir nie geführt haben. Die Autorin lässt sich dafür genügend Zeit und formuliert aus, was häufig andere Bücher nur andeuten. So wird die Gefühls- und Gedankenwelt eines älteren Herren, der sich bisher ausschließlich über seine Rollen als Ehemann und Vater definierte, tiefgründig und vielschichtig. Die Autorin hat einen sehr liebevollen Blick auf ihren Hauptprotagonisten Gene, der sich auf den Leser überträgt.
Sprachlich befindet sich Dion auf einem hohen Niveau. Nicht nur die Beschreibung von Gefühlszuständen sondern auch der neuenglischen Landschaft an der Ostküste der USA überzeugen.

Ich habe das Buch zügig durchgelesen und war interessiert sowohl an den Erinnerungen von Gene an seine Ehe als auch sein weiteres Leben nach dem Tod seiner Frau. Kurz: Es hat definitiv mein Interesse geweckt. ABER: Es ist kein Meisterwerk. Ich befinde mich bei der Bewertung ca. bei 3,5 Punkten. Und ich fragte mich, warum das so ist. Dann kam mir in den Sinn, dass ich das Buch innerlich mit "Unsere Seelen bei Nacht" von Kent Haruf verglich und so bleibt das Fazit, dass es an dessen Klasse einfach nicht rankommt. Ich wurde nicht so emotional mitgerissen wie bei Haruf.

Es handelt sich hier um ein gutes bis sehr gutes Buch, was sich viel Zeit für seinen Hauptfigur nimmt aber emotional eher distanziert bleibt. Insgesamt empfehlenswert, auch wenn es aus meiner Sicht bessere Roman aus diesem Themengebiet gibt.