Sinnkrise eines älteren Herrn

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charlotteliest Avatar

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Leider unsympathische Protagonisten

Leider hat mich das Buch enttäuscht

Gene hat nach fast 50 Jahren Zusammenlebens seine Ehefrau Maida verloren. Er berichtet durch Rückblicke von ihrem gemeinsamen Leben und fragt sich dabei, ob sie das Leben führten, dass sie wollten. Dabei kommen auch ihre besten Freunde Ed und Gayle vor, welche für mich ausgesprochen unsympathisch wirken. Sie wirken sehr neureich. Selbst Gene sagt auf Seite 233 „wir haben Deinen Maßstäben doch nie ganz genügt“. Diese Aussage könnte allerdings auch von Genes Tochter kommen, mit der er ein schwieriges Verhältnis pflegt und deren Lebensentwurf ihm mißfällt.

Man hat nicht das Gefühl, dass Gene Maida aus Liebe geheiratet hat, eher hat man von ihm erwartet, dass er „jetzt auch mal heiratet“. Dies würde auch erklären, warum er keine richtige Beziehung zu seiner Tochter aufgebaut hat. Durch die Gespräche mit ihr nach dem Tod Maidas hat man eher das Gefühl, sie entspricht überhaupt nicht seinen Erwartungen, ist eine Enttäuschung im Gegensatz zu Eds Söhnen. Zu diesen scheint er ein besseres Verhältnis zu haben, ja sogar stolz auf sie zu sein.

Gene schafft es nicht, eine wahrhafte Trauerrede über seine Frau zu schreiben. Den Freunden und Bekannten gelingt dies und hier erfährt er auch immer wieder Neues über seine Frau, vor allem berichten sie positiv über sie. Er scheint nicht traurig über den Tod Maidas zu sein, ihn nervt eher die Einsamkeit. Denn in den Rückblicken wirkt er eher genervt von seiner Frau, es sind keine liebevollen Erinnerungen (einmal schwimmt sie zu lange auf einem See, der Urlaub war immer nervig, das Hotel, das sie aussuchte furchtbar, ihr Sonnenbrand störte die Erholung….). Seine Tochter und Freunde Maidas sprechen ganz anders über sie, erst hier bekommt man den Eindruck von ihr als freundliche und den Menschen zugewandte Person.

Eine Szene, die mich zudem nervte, war der Arztbesuch. Der Arzt verschreibt ihm unnötige Tabletten und klärt ihn ungefragt über Alterskrankheiten auf. Aber Gene nimmt es hin. Dieser Gene hat ein Phlegma, welches mich das ganze Buch über nervte.

Gene fängt vor lauter Einsamkeit ein Verhältnis mit der Haushälterin Adele an. Aber auch da gibt es keine wahren Gefühle, es ist reiner Selbstzweck zur Belebung seines Alltags. Man hat nicht den Eindruck, als wäre er an der Person Adele interessiert. Er weiß nichts über sie, wo sie wohnt, was sie mag. Passend zu meinem Eindruck dieser Beziehung gehört die Szene mit dem Nachthemd. Kurz bevor sie die Affäre beendet, schenkt er ihr ein Nachthemd, welches ihr in keiner Weise passt, sie lächerlich wirken läßt (Seite 222: „ein fettes, gefesseltes Huhn“).

Schließlich wird er krank und zieht sich komplett in eine zurück, sinniert über das Leben und Familie. Erst hier spürt man kurz ein Gefühl von Liebe, Trauer und Verlust bei Gene. Allerdings macht er dies sogleich zunichte, als er seiner verstorbenen Frau unterstellt, ein Verhältnis mit Ed gehabt zu haben und das seine Tochter nicht von ihm wäre.
"War die Behauptung ausreichend, sein Lebenssinn habe darin bestanden, Frau und Tochter blühen und gedeihen zu sehen?" (Seite 276 f.)

Schade. An sich ist der Schreibstil sehr schön, die Sprache wundervoll. Aber die Personen blieben für mich nicht fassbar, sie gingen mir nicht nahe und damit wurde das Buch sehr zäh. Und der Klappentext passt leider nicht zum Inhalt.