Solides Debüt

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alice pleasance Avatar

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Wie Titel und Klappentext schon verraten, geht es in Katharine Dions Debütroman um die Trauerphase nach dem Tod eines geliebten Menschen. Genauer gesagt, geht es um den Umgang mit dem Verlust, der eine große Lücke im Leben hinterlässt.

Gene und Maida waren lange verheiratet, haben ihre Tochter, die ebenfalls schon eine zehnjährige Tochter hat, großgezogen und hatten sich gemeinsam ein schönes und ruhiges Leben eingerichtet. So hätten sie noch viele weitere Jahre miteinander verbringen können, doch Maida verstirbt relativ plötzlich.

"Die Angehörigen" beginnt nun einige Wochen nach dem Tod von Maida. Gene hat den ersten großen Schock überwunden, doch die Trauer noch nicht - falls dies überhaupt möglich ist. Seine Tochter hilft ihm dabei, eine Gedenkfeier zu organisieren und andere wichtige Dinge zu erledigen. Ohne seine Frau fühlt sich Gene in vielerlei Hinsicht allein und hilflos. Dies beschreibt die Autorin Katharine Dion in vielen alltäglichen Szenen. Die Handlung ist dabei ruhig, geradezu bedächtig, was jedoch gut zur gegenwärtigen Situation der handelnden Figuren passt.

Anders als der Klappentext vermuten lässt, kommt es nicht zum großen Drama. Hier finde ich die Formulierungen der Inhaltsangabe etwas irreführend. Gene denkt zwar viel über seine Ehe nach, spricht mit seiner Tochter und dem befreundeten Ehepaar über Maida und erhält so Einblicke in das Leben seiner verstorbenen Frau. Doch so dramatisch, wie es im Klappentext klingt, wird die Geschichte an keiner Stelle.

Stattdessen bleibt die Stimmung meist nachdenklich und leicht melancholisch. Das passt zur Geschichte, führt allerdings zu einer gewissen Langeweile, wenn man spannende Geheimnisse und deren Enthüllung erwartet - was anhand des Klappentextes eben durchaus möglich ist.

Der Erzählstil ist schlicht, doch mit vielen detaillierten Beschreibungen - insbesondere von Landschaften - lässt die Autorin lebendige und oft malerische Bilder im Kopf entstehen. Diese authentische Darstellung gelingt Dion bei den Figuren leider nicht ganz so gut. Obwohl Genes Innenleben sehr ausführlich beschrieben wird, bleibt die Figur relativ blass. Insgesamt hätte ich mir für die Geschichte und die Figuren etwas mehr Tiefe gewünscht und gerne mehr Einblicke in das Leben der anderen Angehörigen.

"Die Angehörigen" von Katharine Dion ist ein solider Debütroman, der mich stilistisch überzeugen konnte. Die Geschichte gibt Denkanstöße in Bezug auf Trauerarbeit, ließ mich an einigen Stellen allerdings etwas Tiefe vermissen. Gleiches gilt für die Figuren, deren Verhalten mir hin und wieder nicht so ganz schlüssig erschien. Der Roman hat keine wirklich zielgerichtete Handlung, was Genes Hilflosigkeit sehr schön spiegelt, aber - wie ich finde - ein schönes, angemessenes Ende.