bedrückendes Setting

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bambi-nini Avatar

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Hoshiko ist Hochseiltänzerin und der aktuelle Star des Zirkus, der gerade in London zu Gast ist. Sie ist eine Dreg, ohne Rechte, ohne Besitz. Hält sie sich nicht an die Regeln, stirbt sie. Und wenn der Zirkusdirektor die Lust an ihr verliert, stirbt sie ebenfalls. Bei einer der Vorstellungen begegnet sie Ben, Sohn der bekanntesten dregfeindlichen Pure-Politikerin. Hoshiko hasst die Pures. Doch Ben taucht plötzlich immer wieder in ihrer Nähe auf und bringt sie damit in große Gefahr.

Das Szenario ist absolut erschreckend. Dabei spielt die Geschichte keine 100 Jahre in der Zukunft... Die Gesellschaft ist gespalten. Die Pures, diejenigen mit rein britischem Blut, leben privilegiert. Die Dregs, diejenigen in deren Blut sich Gene anderer/ verschiedener Nationalitäten befindet, gelten als minderwertig und dumm. Die Pures genießen es, Dregs leiden zu sehen. Deswegen halten sie sie in ihren Haushalten nicht nur wie Sklaven, sondern besuchen auch mit großer Freude den Dreg-Zirkus, in dem bei gewagten Vorstellungen immer wieder Dregs sterben. Je mehr Tote, desto besser. Regelmäßig werden Dreg-Familien Kinder entrissen, um sie im Zirkus zu verheizen. Die wenigstens werden dort alt, denn wer nicht die gewünschte Show liefert oder verletzt ist und nicht auftreten kann, wird aussortiert.

Die 16-jährige Hoshiko ist seit etwa zehn Jahren im Zirkus. Ihr Talent hat sie bisher vor dem Tod bewahrt, denn sie ist dadurch eins der Aushängeschilder des Zirkus geworden. Doch die nächste Generation Artisten steht bereits bereit, sodass Hoshiko jederzeit damit rechnen muss, immer gewagtere Nummern aufzuführen, die sie möglicherweise nicht überlebt.

Der ebenfalls 16-jährige Ben lebt ein privilegiertes, allerdings auch einsames – weil überbehütetes – Leben. Als Sohn einer großen Pure-Politikerin ist er mit dem Hass gegen die Dregs aufgewachsen und hinterfragt diesen zunächst auch nicht. Doch Ben macht im Verlauf eine große Wendung durch. Er nimmt sich die Zeit, über das Gesellschaftssystem nachzudenken, dem er bisher blind gefolgt ist. Allerdings agiert er dabei teilweise naiv und unüberlegt und bringt damit nicht nur sich selbst in Gefahr.

Das ganze Zirkussetting hat mir gut gefallen. Die Dregs sind eine eingeschworene Truppe, die einander unterstützen und letztlich auch füreinander sterben würden. Der Direktor überlegt sich immer neue, spektakuläre Nummern und nimmt dabei auch Verluste gern in Kauf, steigert es doch die Zuschauerzahlen. Niemand weiß, wann er auf der Abschussliste landet, sodass von Beginn an eine angespannte, traurige Atmosphäre vorherrscht.

Es gibt im Verlauf der Handlung einige Wendungen und Überraschungen. Zum Ende hin wird das Geschehen unglaublich dramatisch. Und obwohl ich das Buch keinesfalls langweilig fand, konnte mich die Dramatik doch nicht so ganz mitreißen, was einfach auch an de mWissen gelegen haben mag, dass es sich hierbei um einen Auftaktband handelt. Irgendwer muss also zwangsläufig überleben, um den Kampf im Folgeband weiterzukämpfen. Somit gibt es eine gewisse Vorhersehbarkeit, die die Spannung ein Stück weit drückt.

Was ich auch nicht zwingend gebraucht hätte, ist die Liebesgeschichte, die auch der Klappentext bereits anspricht und damit weit ins Geschehen vorgreift. Diese war für mich etwas zu überstürzt, die Gefühlsentwicklung nicht wirklich nachvollziehbar.
Berührender fand ich die tiefen Gefühle, die Hoshiko ihren Freunden im Zirkus gegenüber empfindet.

Abwechselnd schildern Hoshiko und Ben das Geschehen und geben dabei Einblicke in ihre Gefühle und sich verändernden Gedankengänge. Die Kapitel sind durchweg sehr kurz, sodass schnelle Wechsel erfolgen, die eine schöne Dynamik erzeugen. Ich hatte dadurch das Gefühl, immer am richtigen Ort zu sein und nirgendwo etwas zu verpassen.

Fazit

Das dystopische Setting ist sehr grausamen, immer wieder gibt es brutale, blutige oder einfach nur eklige Szenen. Aufgrund der schwierigen Bedingungen, unter denen die Dregs im Zirkus täglich um ihr Überleben kämpfen, schwingt durchweg eine bedrückende, angespannte Stimmung mit. Die Handlung bietet einige Wendungen, viel Spannung und Dramatik – das Wissen um die Fortsetzung dämpfte für mich die Spannung auf den letzten Seiten aber ein wenig, weil es den Ausgang zumindest ein Stück weit vorhersehbar macht. Die Dynamik, die durch die schnellen Perspektivwechsel erzeugt wird, sowie das Gemeinschaftsgefühl unter den Artisten hat mir sehr gut gefallen. Die Liebesgeschichte hingegen hätte ich nicht gebraucht, diese war mir zu überstürzt und wenig nachfühlbar.