Stellenweise ziemlich grausame Dystopie…

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„Die Arena: Grausame Spiele“ ist der erste Band der Cirque-Reihe aus der Feder von Autorin Hayley Barker.
Zum Klappentext: London in der nahen Zukunft. Die Gesellschaft hat eine Spaltung vollzogen: Die Pures leben komfortabel und luxuriös, während die Dregs ausgegrenzt, geächtet und unterdrückt werden. Manchen Familien der Dregs werden ihre Kinder entrissen und zum "Zirkus" gebracht, wo die jungen Artisten zum Amüsement der Pures hungrigen Löwen begegnen oder waghalsigen Hochseilakte liefern. Hoshiko ist der Star auf dem Hochseil - sie vollbringt jeden Abend Unglaubliches, 30 Meter über dem Boden, ohne Fangnetz. Jede Vorführung könnte ihre letzte sein - und genau darauf lauern sensationslüstern und mit fasziniertem Grauen ihre Zuschauer. Doch dann begegnet Hoshiko dem Sohn einer hochrangigen Pure-Politikerin, Ben, der den Zirkus besucht - und verliebt sich in ihn, gegen alle Regeln. Ben begreift erst nach und nach die Realitäten, die hinter seinem komfortablen Leben stehen und wendet sich gegen seine eigene Klasse - für Hoshiko, das Mädchen, das er liebt.
Ich muss gestehen, dass mich das Cover stark fasziniert hatte. Nach der Leseprobe habe ich aber lange mit mir gerungen, ob ich das Buch lesen soll. Ich fühlte mich stark an die Tribute von Panem erinnert und zugleich fand ich die Brutalität der ganzen Zirkusgeschichte, in der ein sadistischer Zirkusdirektor unschuldige Dreg-Kinder den Eltern entreißt und in seinem Zirkus bei mehr oder minder abartigen Vorführungen zum Vergnügen der Pures zu Tode quält, einfach abstoßend. Doch meine Neugier hat gesiegt.
Und ich habe es nicht bereut: gerade Protagonistin Hoshiko ist ein bewundernswert starker Charakter, immer unverzagt und idealistisch bemüht, den jüngeren Kindern im Zirkus zu helfen und für sie die grausame Welt - soweit möglich - ein Stückchen besser zu machen. Mit ihrer Freundin Amina, der Heilerin des Zirkus, und dem Nesthäkchen Greta, die Hoshi am Hochseil ausbildet, sind auch die Nebenfiguren sehr authentisch und gut gelungen.
Einzig mit Ben hatte ich so meine Probleme: er kam mir für einen 16jährigen ein wenig zu naiv vor. Dass er nicht genau mitbekommt, was seine Mutter so treibt, ist ja noch verständlich, aber dass er sich so gar keine Gedanken macht über die strikte Zweiteilung seiner Welt in Hell und Dunkel, und dass, obwohl er zu seiner Dreg-Haushälterin ein familiäreres, liebevolleres Verhältnis hat als zu seiner eigenen gefühlskalten Mutter, das hat mich ziemlich gestört. Seine Dienerin hat ihm vieles erzählt und wenn er zugehört und mitgedacht hätte, wäre ihm schnell aufgefallen, dass hier einiges schief läuft, und nicht erst, nachdem er sich in Hoshi verliebt hat. Seine Rettungsversuche und überhaupt sein Verhalten waren grenzenlos naiv und unbeholfen und haben alle fast noch mehr in Gefahr gebracht, als wenn er nichts gemacht hätte…
Trotzdem war ich fasziniert und habe schließlich auch mit Ben und dessen Aktionen meine Frieden gemacht. Ich bin gespannt, wie es in Teil 2 nach Hosis, Bens und Gretas spektakulärer Flucht weitergeht…
Bei der Altersgrenze wäre ich aber zurückhaltender, denn viele grausame Details – ob bei den brutalen Zirkusnummern oder bei der Weiterverwendung der Leichen – hätte es aus meiner Sicht nicht unbedingt bedurft, ich fand die Dystopie schon grausam genug!