Bedrückend nah dran am aktuellen Geschehen

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sarah_catherine Avatar

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Alain, Cliff und Margarete wachsen in Berlin im selben Haus auf und begleiten einander mal mehr, mal weniger nah durch Kindheit und Jugend. Dabei sind Alain und Cliff wie zwei Magneten, die einander anziehen, und haben doch Angst vor zu viel Nähe. Cliff wirkt auf Alain dunkel und gerät immer wieder auf ungute Abwege, während Cliff Alain als ein gefährlich helles Licht, das Gute, betrachtet, dem er besser nicht zu nahe kommen sollte.
Nachdem Cliff eine Zeit lang mit ein paar Rechten um die Häuser zieht, folgt eine Phase der Läuterung, in der er in einer Moschee arbeitet und sich mit dem neuen Glauben anzufreunden scheint.
Als er dann verschwindet und niemand mehr von ihm hört, nehmen Alain und Margarete an, dass er sich islamistischen Kämpfern angeschlossen hat. Umso überraschter sind beide, als er plötzlich wieder da ist. Wieder sind alle drei hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, Zeit miteinander zu verbringen, und dem stets spürbaren düsteren Drang, doch besser Abstand zu halten. Denn Cliff scheint etwas Schreckliches vorzubereiten...

"Die Attentäter" ist ein faszinierendes Buch. Während die Sprache sehr geradlinig ist, wird in der Erzählung immer wieder der Blickwinkel zwischen den drei Protagonisten gewechselt, und es gibt Zeitsprünge zwischen damals und heute. Hinter allem schwelt von Anfang an etwas Bedrohliches. Die Beziehung zwischen Alain und Cliff ist sehr vielschichtig. Antonia Michaelis beschreibt die beiden als hell und dunkel, als Engel und sein düsteres Gegenüber, jedoch ist dieses Bild nie klischeehaft. Margarete als erdende Kraft verbindet beide, und gehört doch nie richtig dazu ("Ihr seid immer eine Einheit gewesen.")
Natürlich verrät bereits der Buchtitel, worauf die Geschichte hinausläuft. Dennoch ist die Geschichte von Anfang bis Ende total fesselnd, nicht zuletzt durch die bedrückende Nähe zum aktuellen Geschehen. So werden unter anderem die Attentate von Paris im November 2015 erwähnt.
Ich hatte Herzklopfen beim Lesen. Dieses Buch verdient es, von vielen gelesen zu werden. Ich empfehle, das Ende nicht vor dem Schlafengehen zu lesen, denn es hat das Potenzial, einen noch lange zu beschäftigen... Es regt zum Nachdenken an. Nicht nur hinsichtlich der Flüchtlingsdebatte und ihrer Folgen, auch in Bezug auf Freundschaft und Liebe. Wie reagieren wir, wenn jemand in unserem nächsten Umfeld auf Abwege gerät? Wann machen wir den Mund auf?
Leute, lest dieses Buch!