Fallende Engel

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regenprinz Avatar

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Ich war gespannt auf dieses neue Buch von Antonia Michaelis, denn ich lese ihre Romane sehr gerne. Auch "Die Attentäter" überzeugt mit einfühlsam gezeichneten Charakteren, der gewohnt hochklassigen Sprache und einem brisanten, aktuellen Thema. Möglich, dass dieser Roman (ähnlich wie damals "Der Märchenerzähler") teilweise polarisieren wird, weil einige Leser den Inhalt vielleicht zu düster für ein Jugendbuch finden - mir ging es nicht so, denn die täglichen Nachrichten, mit denen Jugendliche heutzutage konfrontiert werden, zeigen auch ein düsteres Bild unserer Zeit auf.
Ich fand es außerdem toll, wie die Autorin es schafft, ihre Figuren in den Vordergrund zu stellen und sie die Handlung tragen zu lassen. Es gibt keine 08/15-Erklärungen, keine simplen Zuweisungen, sondern vor allem eine tief verflochtene, besondere Freundschaft und die schwierige Suche dreier Jugendlicher nach ihrem Lebensweg. Cliff, Alain und Margarete kennen sich seit der Kindheit und wohnen viele Jahre im selben Berliner Mietshaus. Doch sie starten mit unterschiedlichen Vorausssetzungen ins Leben und entsprechend entwickeln sie sich anders. Dadurch, dass abwechselnd aus ihren drei Perspektiven erzählt wird, taucht man beim Lesen sehr tief in die Gedanken und Gefühle jedes Einzelnen ein. Über Cliff kommt man dicht an das Thema IS heran - daran, was ihn bewegt, sich dem Ganzen anschließen zu wollen, aber auch, welche Motive andere in seinem Umfeld haben. Das fand ich sehr aufschlußreich dargestellt. Informationen über politische Hintergründe, die Abläufe im IS-Gebiet oder typische religiöse Details sind maßvoll in die Geschichte eingestreut; es sind ganz klar die Figuren, die diesen Roman dominieren. Als Leser bleibt man bis zum Ende sehr dicht an ihnen dran, hofft und bangt, müht sich die Vorzeichen zu deuten - wie wird der angepeilte Tag des Bluts ausgehen?
Da sowohl Alain, als auch Cliff herausragendes künstlerisches Talent haben, spielt der Roman häufig mit bildlicher oder religiöser Symbolik - z.B. Flügel, gefallene Engel, der Kampf des Lichts gegen das Dunkle u.ä. Ein Rahmen, der natürlich perfekt zur Geschichte passt. Margarete dagegen ist diejenige, die mit all ihrer Kraft versucht, die beiden Jungs am Boden zu verankern - und man ahnt, dass sie scheitern muss ...

Fazit: Inhaltlich und sprachlich fand ich "Die Attentäter" beeindruckend und anspruchsvoll. Von mir eine klare Leseempfehlung!