Licht und Dunkelheit

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miss marple 64 Avatar

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Eigentlich erahnt der Leser das unaufhaltbare Ende von Anfang an. Zu sehr assoziiert der Titel die Ereignisse von New York, Paris, Brüssel, Ansbach und kürzlich Dresden- terroristische Anschläge mit dem Ziel möglichst viele Menschen in den Tod zu reißen. So zeitlich nah schafft es wohl kaum ein Schriftsteller, gesellschaftspolitische Ereignisse in sein Werk einzuarbeiten, wie es Antonia Michaelis in ihrem Buch gelungen ist. Gerade erst erschienen, führt sie ihre Leser sehr zeitnah nach Berlin. Hier lernen wir drei junge Menschen kennen, die von klein auf miteinander ihren Weg gehen- Cliff, Alain und Margarete. Cliff und Alain, die immer wieder als Antagonisten auftreten und doch tief miteinander verbunden sind. Margarete, die zwischen beiden steht, ihr stetes Bindeglied ist und als die Vernünftige gilt. Es ist eine Geschichte von tiefer Verletzung, Enttäuschung, Hilflosigkeit, aber auch von Liebe und Hoffnung. So wünscht der Leser für Cliff, der sich so ungeliebt von seinen Eltern fühlt, dass er seinen Platz in dieser Welt findet, dass er den eingeschlagenen Weg der eigenen Radikalisierung verlässt. Immer wieder versuchen Alain und Margarete ihn davon abzubringen- vertrauen auf ihre Liebe zueinander. Leider gelingt es ihnen nicht. Cliff bezeichnet Alain als seinen Schutzengel, den er zerstören muss, um selbst zu überleben. Beide stehen sich gegenüber wie das Licht und die Dunkelheit.
Die Geschichte wird getragen von einer unwahrscheinlichen Spannung ohne jemals reißerisch zu sein. Eher ist es eine Geschichte der leisen Töne, trotz der drohenden Gewalt. Durch Rückblicke erfahren wir von der Kindheit und frühen Jugend der Drei. Gesellschaftspolitische Entwicklungen werden in die fiktive Handlung eingewebt und man glaubt als Leser mittendrin zu sein. Alain fragt zum Schluss, ob jemand von Anfang an so ist, wer und was alles so kaputt gemacht hat.
Der Leser bleibt zurück mit einer tiefen Betroffenheit, mit dem beklemmenden Gefühl, dass hier die Fiktion der Realität schon sehr nahe gekommen ist, ohne jedoch dokumentarisch zu werden. Im Gegenteil- zeichnet doch die Autorin Charaktere in ihrer ganzen Spannbreite der Gefühle, Lebenserfahrungen sowie Hoffnungen und Träume für das eigene Leben.
Das Buch wird dem Leser ab 16 Jahren empfohlen. Dieser sollte dann aber in meinen Augen schon sehr erfahren sein im Lesen komplexer Bücher. Es ist nicht immer einfach, den roten Faden während der Lektüre zu behalten, da die Autorin oft die Zeitebenen wechselt, aber auch die Perspektive des Erzählers.