Gewöhnungsbedürftiger Schreibstil

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xirxe Avatar

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Die Anerkennung für dieses Buch ist enorm, Leserinnen (zumeist) und Feuilleton sind hingerissen. Aber mich konnte 'Die Bagage' nicht begeistern, wobei es nicht die Geschichte an sich ist, sondern der eigenwillige Schreibstil der Autorin.
Es ist ihre eigene Familiengeschichte laut Aussage Monika Helfers. Als nicht wirklich dem Dorf Zugehörige lebten sie dort am Rande in Armut, stets misstrauisch beäugt von den Einheimischen. Insbesondere, da die Grossmutter der Autorin eine aussergewöhnliche Schönheit war. Als deren Mann Josef in den Krieg musste und Marie, so ihr Name, schwanger wurde, war für die Dorfbewohner klar, dass da nicht alles mit rechten Dingen zuging.
Monika Helfer beschreibt nicht nur das Leben ihrer Grosseltern, sondern flicht fast beiläufig die Lebenswege ihrer zahlreichen Onkel, Tanten, Cousinen und Cousins ein, was ihr häufig mit ein, zwei Sätzen gelingt. Dafür springt sie immer wieder innerhalb eines Absatzes nicht nur auf das Zeitliche bezogen hin und her, sondern auch thematisch. Auf rund anderthalb Seiten erfährt man beispielsweise, wie Tante Kathe zu ihrem Ehemann kam, dieser ihre Kinder be- und misshandelte, das Verhältnis der Ich-Erzählerin zu diesen Kindern (ihrem Cousin und ihrer Kusine), das Leben bei dieser Tante nach dem Tod der Mutter undundund. Ich fand dies nicht so schön, da mir die einzelnen Personen dadurch fremd blieben.
Der Sprachstil wirkt schlicht, häufig sind es recht kurze Sätze, die aber immer wieder voller Hintersinn stecken. "... bereits einen Tag nachdem sie das Dorf verlassen hatten, waren sie getrennt worden. Die Hüte hatten die Köpfe überlebt. Bereits vier also waren tot." Oder " Man sage ja auch "gefallen", als ob das Sterben da draussen ein bloßes Hinfallen wäre." Wären nicht diese mich störenden, ständig auftauchenden Sprünge in 'Zeit und Raum' ;-) gewesen, hätte ich mit diesem Buch vermutlich mehr anfangen können. So blieb es bei einem durchschnittlichen Lesevergnügen.