Calamity Jane a l´italiana

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
alasca Avatar

Von

Eine junge Frau, geboren in den Achtzigern im provinziellen Süden Italiens, erzählt in lockeren Episoden ihr Leben. Ob es ein Roman ist? Man merkt ihm den Ursprung „Blog“ an. Worum es geht:

Pulsatilla, von Anfang an eine Enttäuschung für ihre Eltern, weil kein Junge, stolpert durch die Niederungen der weiblichen Sozialisation und lässt nichts aus. Kann eine einzelne Frau so unbeschreiblich weiblich sein? Schuhe, Shoppen, Epilieren, Diät, Petting, PMS, you name it. In der Echtzeit ist sie den weiblichen Verhaltensnormen völlig unterworfen, in der ironischen Rückschau erkennt sie deren Willkür. Sie karikiiert die Generation Internet: Außengelenkt, konsumsüchtig, narzistisch, emotional bedürftig, immer auf der Jagd nach Ersatz für das, was sie eigentlich ersehnt, aber nie bekommt. Liebe, Anerkennung, Zugehörigkeit. 

 

Der Sprache der Autorin ist flippig und drastisch, sie nennt tatsächlich ALLE Dinge beim Namen, darunter auch solche, die ich nicht unbedingt hätte erfahren müssen… Jede Situation wird von der grotesken Seite aufgerollt, das entbehrt durchaus nicht der Komik, kann aber ermüden... Man merkt, hier wurde permanent nach der ultimativ schrägen Vokabel gefahndet. Betont ruppig spricht sie zum Beispiel über ihre zahlreichen sexuellen Erfahrungen und leitet daraus so etwas wie eine Penistypologie ab. Sollen wir ihr wirklich glauben, dass sie sowohl den weißen Penis mit schwarzem Mann dran als auch den schwarzen Penis mit weißem Mann dran im Bett gehabt hat?!

 

Gnadenlos der Blick auf ihre italienische Heimat: das politische Bewussteinsein der Foggianer (inexistent), Mailand (hohl), Werbeagenturen (der Gipfel der Hohlheit), Berlusconi (peinlich), die Mafia (Alltag) oder die sprachlichen Finessen des dörflichen Südens (unsäglich). Die Flucht aus Foggia (planlos) bringt sie vom Regen in die Traufe (Mailand, siehe oben).

 

Wenn man aber hinter den Schutzschild von Pulsatillas rotzigem Witz schaut, ist es eigentlich eine traurige Geschichte. Die Eltern: kein Halt für sie. In der Schule: Außenseiterin. An der Uni: die Lachnummer. Keine einzige echte Beziehung, jede ein emotionaler Schiffbruch. Und das Ende der Geschichte klingt nicht wie ein Happy End; ich stelle mir vor, wie auch dieser Macho sich wieder als Arschloch entpuppt und wünsche ihr von Herzen, dass sie endlich einmal ankommen möge.

Insgesamt mangelt es der Geschichte an Kohärenz und Ziel, wie Pulsatilla selbst auch, und ich frage mich: Was wollte die Autorin eigentlich ausdrücken? Das, was sie ausgedrückt hat, ist meinem Gefühl nach kein Resultat schriftstellerischer Absicht. Sondern geschah einfach. Ein Blog eben. Nach der Leseprobe hatte ich mir mehr erwartet. Daher gibt es hier von mir auch nur drei Punkte.