Die Brücke über die Moldau

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Das Gewitter zerstört vieles, die Wassermassen reißen alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist. Jan Otlin muss zusehen, wie seine Mutter durch das Unwetter rennt, den Ziegendieben hinterher und dann - die Judithbrücke war eingestürzt, tief unten klammert sich Jans Mutter noch fest. Da schwört der 12jährige, dass er eine neue Brücke bauen wird, sollte sie diesem Inferno entkommen.

Die historisch bedeutsame Karlsbrücke über die Moldau, welche die Prager Altstadt mit der Kleinseite verbindet, wird im 14. Jahrhundert errichtet. Die Grundsteinlegung der Karlsbrücke erfolgte 1357 durch Kaiser Karl IV. Eine Brücke für die Ewigkeit sollte es werden, Vorbild war die Steinerne Brücke zu Regensburg.

Der verantwortliche Architekt Pater Parler war mit anderen Bauwerken voll ausgelastet und in Jan Otlin fand er einen Baumeister, der „Die Brücke der Ewigkeit“ für den Kaiser ganz nach dessen Wünschen erbauen konnte. Ein mühsames Unterfangen, immer wieder wurden Pfeiler beschädigt, Rückschläge gab es genug und doch war Aufgeben keine Option.

Der historische Hintergrund bildet das Gerüst und der oftmals beschwerliche Alltag der einfachen Leute, all das Zwischenmenschliche, die Freuden aber auch das Leid und die Boshaftigkeit so mancher werden gut dargestellt. Es gab sie schon immer, die ehrlichen Leutchen, aber auch diejenigen, die danach trachteten, den anderen zu schaden, sie zu vernichten. Wolf Hector hat ein gutes Gespür, solche Szenen glaubhaft darzustellen, verwebt die historischen Figuren mit seinen fiktiven Akteuren. So ist ein unterhaltsames Gesamtwerk entstanden, das mich so manches Mal staunen ließ. Wurde doch der Mörtel nicht nur mit herkömmlichen Materialien angemischt, sondern dank Eiern, Quark und Wein in seiner Festigkeit nochmal verstärkt. Die beiden letzteren Zugaben sind als römischer Mörtel historisch nachgewiesen, es ist eine kleine, aber feine Anekdote, die sehr passend ins Geschehen eingeflochten wird.

Prag um 1400 - das Cover zeigt die vollendete Brücke, das Gesamtbild passt zum Roman. Der Stadtplan auf der Innenseite, das Personenverzeichnis und die Zeittafel sind gerade für ein historisches Buch hilfreich, ebenso das Glossar im Anhang.

Historie – eingebettet in den Brückenbau zu Prag. Ein Stück Zeitgeschichte, lebendig dargestellt mit all den Ängsten, Sorgen und Nöten vor gut 650 Jahren. In vier Bücher ist die Handlung gegliedert, es gibt Rückblenden und immer dann, wenn es am spannendsten ist, wird der Focus auf einen anderen Handlungsstrang gelenkt. Dabei bildet der Anfang eines jeden Buches den Ist-Zustand von Jan und seiner Familie ab. Diese jeweils auf wenigen Seiten verfassten Berichte lassen viel Spielraum für Spekulationen, die Dramatik wird erst gegen Ende entschärft.

Das finstere Mittelalter kam des Öfteren klar zum Vorschein mit all seinen schlimmen Seiten, das Blutgerüst sei erwähnt, auf dem so mancher sein Leben aushauchte, obwohl unschuldig. (Gift)Mord und Totschlag in all seiner Grausamkeit war allgegenwärtig, die Frauen, die nichts galten, waren oftmals Freiwild.

Wolf Hector erzählt in seinem historischen Roman „Die Brücke der Ewigkeit“ die Entstehungsgeschichte der Karlsbrücke im 14. Jahrhundert. Ein Garant für kurzweilige und unterhaltsame Lesestunden.