Packender und atmosphärisch dichter historischer Roman um den Bau der Karlsbrücke in Prag

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ech68 Avatar

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Mit diesem Buch legt der Autor Wolf Hector, hinter dem Thomas Ziebula verbirgt und der auch bereits unter einigen anderen Pseudonymen, wie z. B. Ruben Laurin, veröffentlicht hat, einen packenden und atmosphärisch dichten historischen Roman vor, der mich auf ganzer Linie überzeugen und begeistern konnte.

Der halbwüchsige Jan Otlin muss im Jahr 1342 mitansehen, wie die Judithbrücke in Prag einstürzt und auch seine Mutter mit in die Tiefe reißt. In seiner Verzweiflung stößt er den Schwur aus, dass, wenn Gott sie zu retten vermag, er ihm zu Ehren eine neue Brücke über die Moldau bauen würde, eine Brücke für die Ewigkeit. Und tatsächlich überlebt seine Mutter das Unglück. Knapp 25 Jahre später ergibt sich für Jan dann tatsächlich die Gelegenheit, seinen Schwur zu erfüllen. Kaiser Karl IV. will eine neue Brücke an der Stelle der alten Brücke errichten lassen und ruft einen Wettbewerb aus, dessen Gewinner zum neuen Brückenbaumeister von Prag ernannt werden soll. In Rudolph von Straßburg hat Jan dabei allerdings einen Konkurrenten, der vor nichts zurückschreckt, um ihm das Amt streitig zu machen.

Mit einem packenden Schreibstil und viel Liebe zum Detail konnte mich der Autor mit jeder Seite immer tiefer in den Bann der gut aufgebauten Geschichte ziehen. Getragen wird diese durch fein gezeichnete und vielschichtig angelegte Charaktere in Haupt- und vermeintlichen Nebenrollen, mit denen man beim Lesen gerne mitfiebert. Dabei hält sich der Autor eng an die historischen Fakten, wie eine Zeittafel zu Beginn des Buches belegt, versteht es aber auch meisterhaft, die durchaus vorhandenen Lücken dazwischen mit viel Phantasie zu füllen, ohne das Gesamtbild zu verfälschen.

Neben der Zeittafel sind auch das Personenregister mit der Zusatzinformation, welche der Protagonisten historisch belegt sind, und eine Karte der Stadt Prag sehr hilfreich, um sich in der komplexen Geschichte mit seinem doch recht hohen Personenaufgebot zurechtzufinden. Ein Nachwort, das Auskunft über Dichtung und Wahrheit gibt, und ein Glossar runden das Buch am Ende hervorragend ab und lassen endgültig keine Fragen mehr offen.

Da ich selber seit vielen Jahren im Brückenbau tätig bin, haben mich die Beschreibungen der Bauabläufe an dem später unter dem Namen Karlsbrücke bekannt gewordenen Bauwerk natürlich besonders interessiert und fasziniert. Dabei gab es auch durchaus einiges Neues zu entdecken. Quark und Eier als Zuschlagstoffe für Zement bzw. Beton waren mir bislang zumindest nicht geläufig. Dem Autoren geling es dabei auf hervorragende Art und Weise, die Bauabläufe so zu beschreiben, das sie auch für Laien auf dem Gebiet des Brückenbaues problemlos zu verstehen sind. Zumal hier die Geschichte um den Brückenbau sowieso klar im Vordergrund steht.

Liebhaber von prallen historischen Romane mit einer ordentlichen Portion Mittelalter werden hier somit bestens bedient und unterhalten.