bewegend und tiefgründig

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elohym78 Avatar

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1933: Der Buchbinder Jakob Steinfeld und sein Mitarbeiter Grigori müssen den Aufschwung der Nazis miterleben. Sie sehen das Böse auf sich zu kommen, kämpfen tapfer und verlieren. Als Jakob aus dem Gefängnis kommt, verliebt er sich Hals über Kopf in Juli, die ein Buch bei ihm binden lassen möchte. Doch sie verschwindet spurlos.
1944: Ein kleiner Junge entkommt der Flammenhölle Leipzigs. Sein geheimnisvoller Retter Mercurio entpuppte sich schnell als Gauner, der den Jungen ausnutzt. Und doch entsteht eine Bindung zwischen den beiden.
1971: Robert ist erwachsen geworden. Seine Liebe zu Büchern treibt ihn ruhelos von einer Privatbibliothek zur nächsten. Stets auf der Suche nach seinen Wurzeln. Und findet die Liebe.

Das Cover zeigt einen Ausschnitt des Graphischen Viertels in Leipzig während des Zweiten Weltkriegs. Ein Mann und ein Junge gehen durch die Gasse, betrachten ein Schaufenster und scheinen sich treiben zu lassen auf dem Weg zu ihrem nächsten Abenteuer(Roman). Zusammen mit dem Klapptext hat es mich angesprochen, da es geheimnisvoll und zeitlos auf mich wirkt, mit dem ein oder anderen Geheimnis zwischen den Seiten.

Die Bücher von Kai Meyer schlugen mich schon häufig in ihren Bann und luden mich auf geheimnisvolle und spannende Reise ein. Dementsprechend freute ich mich auf sein neues Werk, bei dem ich noch zögere. Sein Schreibstil wirkt auf mich nicht so locker und leicht, sondern dichter, fordernder und nachdenklicher als sonst. Nicht schlecht, aber eben ungewohnt für mich. In diesem Buch lädt der Autor seine Leser auf eine Reise durch die Welt der Bücher, ihrer Macher und zu deren Besitzer ein. Was bewirkt es, wenn man ein Buch und seine Geschichte für sich ganz alleine besitzen will? Wenn ein Manuskript zwar gebunden, aber nicht geteilt wird. Und wenn, nur mit einem erlauchten Kreis. Wird das Werk automatisch zu etwas Besonderem, oder nur, weil keiner sich eine Meinung bilden kann. Was passiert mit dem Buch, wenn es nicht gelesen und geliebt, sondern nur besessen wird? Kai Meyer spinnt immer wieder interessante Fäden, die mich nachdenklich stimmten.
Die wird aus drei unterschiedlichen Sichtweisen und Zeiten erzählt, die gleichzeitig untrennbar miteinander verbunden sind. Fast scheint es, dass das Buch zeitlos ist, obwohl es zu einer bewegenden Zeit spielt: Zweiter Weltkrieg und im geteilten Deutschland. Fast meine ich, die Zerrissenheit der Zeit in der Handlung wieder zu finden. Nicht ganz greifbar, aber da. Der rote Faden schwingt mal hierhin, mal da hin.

Seine Protagonisten sind gewohnt tiefgründig, lebensnah und authentisch gewählt. Ich finde es immer wieder faszinierend, das Kai Meyer mit wenigen Personen auskommt, diese aber intensiv schildert. Es gibt kein großes Schingeling, sondern eine Begrenzung auf das Wesentliche, was mir stets hilft, mich auf die Charaktere voll und ganz zu konzentrieren. Zudem scheinen sie nicht zu wachsen an ihren Erlebnissen, sondern ruhen in sich selbst und geben mir als Leser Halt und vermitteln Stärke, auch wenn sie es nicht immer sind.

Mein Fazit
Ein sehr bewegendes und tiefsinniges Buch. Anders als gedacht und wunderbar.