Spannende Spurensuche in die Vergangenheit

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
druckdeufel Avatar

Von

1943: Ein Junge wird bei dem Angriff auf Leipzig aus seinem Gefängnis befreit, in welchem er sein ganzes bisheriges Leben verbrachte. Sein Retter fordert von ihm den Diebstahl eines Buches aus einem brennenden Gebäude. Dreißig Jahre später stößt Robert, der Sohn des Buchbinders Jakob Steinfeld, in der Bibliothek der Verlegerfamilie Pallandt auf Bücher, die direkt in seine eigene Vergangenheit führen. Gemeinsam mit seiner Freundin Marie nimmt er die Spurensuche auf.
Kai Meyer hat nicht nur ein überirdisches Talent für Beschreibungen von Ereignissen, Personen und Orten, sondern auch für Spannung. In drei Zeitepochen, 1933, 1943 und 1971 lässt er die Leser eintauchen, dabei jeweils hochgradig authentisch, die Orientierung gelingt daher jedes Mal auf Anhieb. Die ewigen Nebel des graphischen Viertels werden so spürbar wie die Endzeitstimmung einer Bombardierung, das Aufkeimen des nazistischen Gedankenguts oder das bunte Lebensgefühl der Siebziger.
Die drei Handlungsstränge führen rasant in die Tiefe der Geschichte, zunächst ist der Zusammenhang zu vermuten, dann verdichtet er sich. Gleichzeitig entsteht eine Komplexität, in deren Netz sich die Aufgabe, die Robert und Marie sich stellen, mühsam und gefahrvoll erweist.
Das ist interessant und fesselnd zu lesen, zumal der Autor punktgenau ausbalanciert, wie die Erzählstränge verknüpft werden, um dabei so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich an Informationen herzugeben.
Die Ausarbeitung der Charaktere gelingt hervorragend. Es entstehen Menschen, die einem nahekommen, die einen durch die Seiten begleiten, mit denen man hofft und bangt, aber auch von anderen, die man fürchtet und verabscheut. Man liest von unerschütterlichen Freundschaften, von Niedertracht und Hass.
Das romantische Moment ist dezent in die Geschichten eingeflochten, passt sich an, spielt durchaus eine wichtige Rolle, aber immer innerhalb des Ganzen. Und natürlich gehört als eine Art Signatur Meyers auch ein Hauch von Fantastik dazu.
Dass sich dieser Roman ausgerechnet um Bücher dreht, macht ihn für Leseratten sicherlich noch viel anziehender. Also, zugreifen und abtauchen!