Vielschichtiger Roman für Bibliophile und Geschichtsfans

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mausfrosch Avatar

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Das neuste Werk von Bestseller-Autor Kai Meyer spielt sich auf drei Zeitebenen ab:
Im lichterloh brennenden Leipziger Bücherviertel des Bombenhagels 1943 wird ein zehnjähriger Junge in letzter Sekunde aus einem Versteck gerettet, in dem er aus unbekannten Gründen von klein auf gefangen gehalten wurde. Zusammen mit seinem Befreier, einem geheimnisvollen Bücherdieb, reist er durchs kriegsgebeutelte Deutschland.
Anfang der 70er Jahre ist Robert Steinfeld, so der Name des längst erwachsenen Jungen, als Händler von Bücher-Raritäten aktiv und wird durch seine Berufskollegin Marie, mit der ihn (nicht nur) eine freundschaftliche Rivalität verbindet, auf die Sammlung des verstorbenen Verleger-Patriarchen Pallandt aufmerksam. Genau dieser Mann hatte einst einen Rechtsstreit mit Roberts Vater und war allem Anschein nach für die Gefangenschaft verantwortlich.
1933 begleiten wir außerdem besagten Vater, Jakob Steinfeld, einen renommierten Buchbindermeister und Buchhändler. Eines Tages kommt ausgerechnet Palllandts jüngste Tochter auf ihn zu, um ein Manuskript binden zu lassen. Der Beginn gefahrvoller Verwicklungen...

Historischer Roman mit Krimi-Elementen

Die Zeitebenen sind geschickt miteinander verwoben und halten neben den nach und nach enthüllten Geheimnissen und Verwicklungen vor allem auch viele atmosphärische Details der jeweiligen Schauplätze und Zeiten bereit. So erlebt man 1933 den Beginn der Nazi-Herrschaft samt Erstarken der SA, verfolgt zehn Jahre später Zerstörung und Gräueltaten des Krieges und erkundet zusammen mit Robert (dort als Ich-Erzähler) und Marie die Siebziger in München und der DDR.
Darüber hinaus kann der Roman auch sprachlich überzeugen, lässt die Szenen vor dem inneren Auge des Lesers lebendig werden und liest sich einfach „schön“. Ein Beispielzitat: „Er saß inmitten einer Grotte aus Büchern, einem jener Ameisenbauten, in die sich de Wohnungen von Bibliophilen verwandeln, wenn die Bücher an die Stelle des Lebens treten und das Wissen um die Welt da draußen verbleicht wie die Erinnerung an eine weit zurückliegende Lektüre.“

Gute Geschichte mit kleinen Durchhängern

Ich habe das Buch gern gelesen und war gespannt auf die Auflösung, hatte allerdings zwischendurch immer mal das Gefühl, dass sich die Geschichte gerade etwas zieht – vielleicht hätte manche Passage ein wenig kürzer gefasst werden können, um die Spannung noch besser aufrecht zu erhalten. Der Wechsel der Zeitebenen/Protagonisten ist ja auch nicht jedermanns Sache, wobei ich diese Erzählweise gern mag.
Alles in allem wurde ich aber gut unterhalten und kann diesen Roman besonders Lesern mit einem Faible für die erwähnten Epochen sowie die Buchkultur empfehlen.