Nicht mein Fall

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leelo Avatar

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In ihrem neuesten Thriller “Die Burg” geht Ursula Poznanski das Thema KI - Künstliche Intelligenz - an. Der überreiche Milliardär Nevio hat Burg Greifenau gekauft und restauriert. Exzentrisch? Ja. Aber er geht einen Schritt weiter: In den Gewölben und Gängen unter der Burg hat er einen High-Tech-Spielplatz eingerichtet. Hier erschafft die KI KIsmet für Besucher individuell gestaltete Escape-Abenteuer - Special Effects inklusive. So jedenfalls der Traum. Doch als die handverlesene Gruppe aus fünf Experten verschiedenster Sparten zum Testlauf antritt, hat KIsmet offenbar beschlossen, ein ganz eigenes Spiel zu spielen - und alle Tabus über Bord zu werfen.
Das Setting und die Ausgangsproblematik waren für mich extrem vielversprechend - diese Kombination hat einfach Potenzial. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Knaur Verlag, der mir die Lektüre mit einem Rezensionsexemplar ermöglicht hat!
Der Anfang war dann auch einigermassen prickelnd: Die MitspielerInnen treten auf, lassen ihre verschiedenen und gegenläufigen Persönlichkeiten aufblitzen, bringen ihre Geschichte mit. Und als das unterirdische Abenteuer beginnt, warte ich natürlich schon ganz hibbelig auf… was auch immer dann eben passieren würde. Leider kam die Ernüchterung für mich dann aber ziemlich schnell. Irgendwie hat das von KIsmet erzeugte Abenteuer bei mir nicht gefunkt - nicht im noch “regulären” Spiel und auch nicht, als die KI dann vom Plan abgewichen ist. Die Rätsel waren für mich zu abstrakt, ihre Auflösung mutete oft seltsam und wahllos an - intellektuell war ich so nicht involviert. Ausserdem wartet KIsmet mit einer Vielzahl abstossender, ekelerregender Bilder, Szenarien und Erscheinungen auf, die einer Splatter-Horror-Ecke entstammen. Die waren für mich so abstrakt, dass irgendwie keine schaurige Gänsehautatmosphäre aufkommen wollte. Gefühlt ist auch immer mal wieder nicht viel passiert - die Leute standen herum und wussten nicht weiter. Als die Gruppe dann auch noch getrennt wurde, fehlte dann eben auch die zwischenmenschliche Spannung. Da hat auch die zweite Perspektive der Gamemasterin nicht geholfen, die gefühlt einfach von einem Ende zum anderen gerannt ist - und nichts wirklich getan bekam. Kurz: Irgendwie war es über lange Strecken ziemlich langweilig.
Als es dann auf die Auflösung ging, war ich zwar gespannt, aber vor allem froh, dass diese scheinbar sinnlose Odysee ein Ende findet. Das Ende ergibt zwar in sich selbst Sinn, hat aber in meiner Wahrnehmung eine ganz neue Geschichte aufgemacht, auf die aus den vorangegangenen Ereignissen nicht zu schliessen war. Das Grosse Ganze bleibt für mich irgendwie unbefriedigend.
Wie gesagt, waren meine Erwartungen und die Vorfreude recht gross. Die Enttäuschung dann eben auch entsprechend. “Die Burg” ist wohl ein typischer Fall von “nicht mein Fall”.