Ich bin Ärztin. Ich bin nach Berlin gekommen, um kranken Menschen zu helfen.

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
libri amici Avatar

Von

Ich bin Ärztin. Ich bin nach Berlin gekommen, um kranken Menschen zu helfen.

Der Lebenstraum von Dr. Rahel Hirsch steht kurz vor seiner Erfüllung. Die junge Ärztin aus Frankfurt darf als medizinische Pionierin im Jahre 1903 ihre Volontärstelle an der Berliner Charité antreten. Rahel findet in dieser von Männern dominierten Welt in ihrem Vorgesetzten Professor Dr. Friedrich Kraus große Unterstützung. Darüber hinaus entpuppt sich auch der junge Arzt Dr. Theodor Brugsch als wohlmeinender und hilfsbereiter Kollege, der Rahel als ebenbürtig behandelt und bald sogar ihre Zusammenarbeit sucht. Das Misstrauen und die Ablehnung der anderen Ärzte verletzen Rahel, doch mit eiserner Disziplin und großem Ehrgeiz gelingt es ihr nach und nach, sich Respekt zu verschaffen. Die hart arbeitende Frau konzentriert sich einerseits auf die Arbeit mit ihren Patienten, widmet sich andererseits aber auch mit unermüdlichem Einsatz für die Forschung. Als sie während eines unerfreulichen Zwischenfalls auf den Straßen Berlins die Bekanntschaft einer temperamentvollen und hübschen jungen Frau namens Barbara Schubert macht, bedeutet dies für die beiden so unterschiedlichen Frauen den Beginn einer lebenslangen Freundschaft. Doch mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges brechen schwere Zeiten für Rahel und Barbara an…

Im zweiten Band zur Geschichte der Charité, das vom königlichen Pesthaus zur modernen Klinik avancierte, präsentiert Ulrike Schweikert zwei mutige und starke Frauen als Protagonistinnen. Während die Ärztin Dr. Rahel Hirsch einem privilegierten jüdischen Elternhaus entstammt, das ihr ein Medizinstudium in Zürich und Straßburg ermöglichte, muss Barbara Schubert als Wäscherin in der Charité arbeiten und als Mitbewohnerin in der winzigen Wohnung ihrer verwitweten Tante ein Auslangen finden. Im Zeitraum von 1903 bis 1938 darf man anhand der beiden Protagonistinnen sowohl das Leben der privilegierten Gesellschaft, als auch die Lebensumstände der hart arbeitenden Bevölkerung Berlins, mitverfolgen. Während Rahel die Geisel Syphilis und deren Bekämpfung sowie die Entwicklungen in der Medizin beschäftigen, interessiert sich die wissbegierige Barbara für Politik und die Rechte der Frauen, sie wird ein engagiertes Mitglied der Frauenrechtsbewegung. Durch die Person des Michael Frankl lernt man leidenschaftliche Flugzeugkonstrukteure und Pioniere der Lüfte kennen. In ihrer kargen Freizeit dürfen Rahel und Barbara das Entstehen der ersten bewegten Bilder und der ersten Lichtspielhäuser mitverfolgen, als historischer Hintergrund wird eine Welt gezeigt, die geradewegs auf einen Krieg zusteuert. Die Kriegsereignisse werden dem Leser durch die Erfahrungen von Barbaras Cousin Franz, aber auch durch verschiedene Briefe von der Front vermittelt.

Der einnehmende Schreibstil der Autorin wird durch hervorragend charakterisierte handelnde Figuren ergänzt, die Einbindung des Berliner Dialekts in Gesprächen mit Barbara Schubert und ihren Verwandten trägt darüber hinaus zur Authentizität bei. Neben fiktiven Figuren brachte die Autorin auch zahlreiche historische Persönlichkeiten in die Handlung ein. So darf man sich auf Einblicke in das Leben des Arztes und Wissenschaftlers Professor Paul Ehrlich freuen, der als Forscher maßgeblich zur Entwicklung eines Diphterie Serums beitrug und die moderne Chemotherapie begründete. Auch das Leben des Internisten Dr. Theodor Brugsch und die Erkenntnisse des Mediziners und Mikrobiologen Robert Koch sowie des Immunologen Doktor August von Wassermann sind Themen dieses Buches. Zu guter Letzt wird durch die Interessen und Aktivitäten der Protagonistin Barbara Schubert diversen Frauenaktivisten eine kleine Rolle zuteil.

Fazit: Ulrike Schweikert präsentiert mit dem vorliegenden Buch einen sehr unterhaltsamen und durch die hervorragend recherchierten historischen Hintergründe zugleich auch hoch interessanten zweiten Band einer Reihe, die man durchaus auch unabhängig voneinander lesen kann. Der Autorin ist es erneut gelungen, mich vollends zu begeistern. Sowohl der einnehmende Schreibstil, als auch die in die Handlung eingebrachten historischen Fakten und die authentischen Figuren dieses Buches bescherten mir ein herausragendes Leseerlebnis.

Ich sehe dem dritten Band dieser Reihe bereits mit großer Vorfreude entgegen!