Eine Geschichte von Leben und Tod

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Die Charité, Historischer Roman von Ulrike Schweikert, 496 Seiten, erschienen im Rowohlt-Verlag.
Leben und Sterben im wohl berühmtesten Krankenhaus Deutschlands – der Berliner Charité.

Berlin 1831, die Cholera ist in Deutschland ausgebrochen und hat auch Berlin erreicht. Zu dieser Zeit beginnt die junge Elisabeth ihre Arbeit als Krankenwärterin in der Charité, dort versuchen die Ärzte unter ihnen auch Professor Dieffenbach, verzweifelt die Epidemie aufzuhalten. Ein schier unmögliches Unterfangen, denn keiner weiß zu dieser Zeit, was der Auslöser dieser Krankheit ist und wie sie übertragen wird. In dieser Zeit waren Frauen im medizinischen Bereich nur als Pflegerinnen „geduldet“. Elisabeth entdeckt ihre Liebe zur Medizin und zu einem jungen Arzt, aber auch die Lebensgeschichten der jungen Gräfin Ludovica und der Hebamme Martha sind in dieser Geschichte miteinander verknüpft.

Mir hat dieses Buch unheimlich gut gefallen, so gut habe ich mich schon lange nicht mehr unterhalten gefühlt. Ulrike Schweikert, von der ich etliche Bücher kenne, hat wieder einmal auf eindrucksvolle Art bewiesen, wie gut recherchiert, bildhaft und mitreißend sie ihre Bücher schreibt. Im vorliegenden Roman verwendet sie den auktorialen Erzählstil, lebendige Dialoge und gute Beschreibungen des Settings gaben mir während der Lektüre stets das Gefühl, mitten drin im Geschehen zu sein. Durch meine medizinische Vorbildung kann ich absolut bestätigen wie gut Schweikert sich vor dem Verfassen ihres Werks mit der Materie auseinander gesetzt hat, zu keinem Zeitpunkt konnte ich irgendwelche nicht plausiblen oder nicht authentischen Szenen entdecken. Chapeau! Alle agierenden Personen handelten glaubhaft und nachvollziehbar. Der Roman ist in 3 Bücher aufgeteilt, die aus insgesamt 31 Kapiteln bestehen. Jedes Kapitel ist in Abschnitte unterteilt und mit einer zusammenfassenden Überschrift versehen. Das gewährleistet den steten Überblick über das Geschehen. Ein Buch welches sämtliche Sinne anspricht, der Geruch der eiternden, schwärenden Wunden, das Stöhnen der Sterbenden, mir war es als könnte ich den Chirurgen bei ihrer grausigen Arbeit über die Schulter sehen. Ich liebe Bücher über Medizingeschichte und nach der Lektüre dieses Romans wird wohl jeder Leser froh sein, dass die Medizin heutzutage nicht mehr auf dem damaligen Stand ist. Das ist diesen tüchtigen und wissbegierigen Männern und auch Frauen zu verdanken, die in diesem Buch beschrieben werden. Hier eindrucksvoll erwähnt, das Kindbettfieber, das von Frau zu Frau übertragen wurde. Erst Jahre später konnte Semmelweis beweisen, dass die Ärzte selbst, mit ihren ungenügend gereinigten Händen, diesen Frauen den Tod brachten. Meine Lieblingsfigur natürlich die Protagonistin Elisabeth eine moderne toughe Frau, die weiß was sie will. Tüchtig und voller Mitgefühl für ihre Patienten. Die unerfüllte Liebe zwischen Gräfin Ludovica und Professor Dieffenbach hat mich auch stark berührt, sowie das Schicksal der Hebamme Martha und ihrem Sohn August. Ein tolles Buch, ab Seite 150 hab ich den Rest in einem einzigen Tag ausgelesen, weil ich das Buch erst aus der Hand legen konnte, als die Geschichte zu Ende erzählt war. Ich habe mit den Figuren gelacht und geweint und wollte sie am Ende eigentlich nicht mehr gehen lassen. Einige der Figuren sind überliefert und haben wirklich an der Charité geforscht und praktiziert, das macht das Ganze umso authentischer.

Eine intelligente unterhaltsame Lektüre für Leser die sich für historische Romane, speziell Medizingeschichte interessieren. Meine Diagnose – 5 Sterne.