Starke Charaktere im spannenden Umfeld der Charité

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avila Avatar

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1831. Die Chirugie steckt noch in den Kinderschuhen, dennoch gibt es ein paar unbeirrte Ärzte in der Berliner Charité, die ihrem Leben dem Erforschen von neuen Heilmethoden verschrieben haben. Die Charité bietet dafür einen Ort. Doch nicht nur Ärzte wirken dort, auch Wärterinnen und Feldscher, die neben ihrem Glück in der Heilmedizin auch ihr privates Glück suchen.

Mir hat das Buch gut gefallen. Es wartet mit starken Persönlichkeiten auf, die ich nicht immer in all ihrem Handeln sympathisch fand, aber die durchweg plausibel gehandelt haben. Die Figuren gingen ihre eigenen Wege, suchten nach ihrem Glück und standen sich dabei hin und wieder selbst im Weg. Ich habe mit jeder Person gelitten und gehofft, auch wenn ich mich oftmals gefragt habe, wo die Reise hingehen soll. So schaffte die Autorin auf jeden Fall einen Spannungsbogen, weil das Schicksal der Personen mir am Herzen lag. Auch wenn der Fokus in diesem Buch für mich nicht auf den Personen lag, wie es bspw. in der "Nightingale"-Reihe der Fall ist. Viel mehr konzentriert sich die Autorin auf die Medizin Anfang des 19. Jahrhunderts.

Leider empfand ich die Handlung teilweise als ein wenig verworren. Manchmal hat mir der rote Faden gefehlt. So bspw. direkt mit der Einstiegskrankheit der Cholera. Wie ich später recherchiert habe, fand man erst 60 Jahre später ein Heilmittel gegen die Cholera, so dass dieses in dem Buch nicht gefunden werden konnte. Aber irgendwie endete die Epidemie dann so abrupt, dass mich das ein wenig verwirrt zurück gelassen hat. Auch gibt es einige unschöne Wiederholungen, so dass das Schicksal oder die Vorgeschichte einzelner Personen öfter erwähnt wurde, als es eigentlich notwendig gewesen wäre. Dennoch war es faszinierend in die medizinische Welt der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts einzutauchen. Die Probleme, die damals noch herrschten und von denen heute gar keine Rede mehr ist, weil bspw. Hygienevorschriften eine Selbstverständlichkeit sind, werden eindrücklich geschildert. Doch muss ich auch sagen, dass die ein oder andere Behandlungsmethode - gerade in der Psychatrie - nichts für schwache Nerven sind.

Der Schreibstil der Autorin hat mir sehr gut gefallen. Bis auf die bereits erwähnten Wiederholungen und die für mich nicht ganz passenden Tagebucheinträge einer Person war das Buch ein wahrer Lesegenuss! Ich habe vorher noch nichts von Ulrike Schweikert gelesen, aber thematisch interessieren mich einige Bücher von ihr. Nun, da ich eine Kostprobe ihres Stils bekommen habe, weiß ich, ich werde sicherlich auch einige andere Bücher von ihr lesen.

Alles in allem also ein toller Roman mit gut recherchiertem Inhalt über das spannende Feld der frühen Chirugie!