Ein Roman im Roman

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drums030 Avatar

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Vorab muss ich voranschicken, dass ich mit diesem Buch willentlich ein völlig anderes Genre gewählt habe als ich es sonst in den letzten Jahren lese: Vom Deutschlandkrimi zum - tja, da fängt es schon an, wie beschreibt man es am besten..? - geschichtlichen Roman. Ich hatte vor einigen Jahren schon einmal einen Roman von Wolfram Fleischhauer gelesen - "Drei Minuten mit der Wirklichkeit" der mir gefallen hatte - daher war ich auch an dieser Neuerscheinung interessiert.
Zu allererst: Wolfram Fleischhauer kann unglaublich gut mit Worten umgehen. Dinge so plastisch und authentisch beschreiben, dass man sich hinterher fragt, warum man nicht selbst auf diese Wortwahl gekommen ist, gleichzeitig aber weiß, dass das völlig unmöglich ist weil er es eben so wahnsinnig kunstvoll zu verpacken vermag. Und das - was vielleicht die größte Kunst ist - ohne dabei eine Langatmigkeit oder einen mühsamen Lesefluss durch Sätze voller Kommata zu kreieren, im Gegenteil.
Doch nun zum Roman: Zwei Handlungsstränge werden hier miteinander verwoben. Der eine liegt im 16. und 17. Jahrhundert und hat ein Gemälde des Louvre als Hintergrund. Der andere liegt im Hier und Jetzt und begleitet den Protagonisten der vor Jahren einen Roman über dieses Gemälde geschrieben hat und nun auf der Suche nach Antworten ist, die in alten Dokumenten zu finden er hofft. Es ist im Nachgang etwas irritierend, dass der erste Teil des Buches sich zeitweise sehr eingehend mit der geschichtlichen Ebene (König Heinrich, seinen Mätressen, seiner Ermordung usw.) befasst wohingegen diese Ebene im 2. Teil relativ plötzlich fallen gelassen wird um die Präsens-Erzählebene zu einem erzählerischen Ende zu bringen. Ich selbst - als bekennender Geschichtsmuffel - konnte der 1. Ebene nur bedingt etwas abgewinnen, insbesondere weil ein Einstieg in die verworrenen Verhältnisse relativ schwierig ist. Mich hat also die Handlungsebene im Präsens mehr interessiert. Auch hier erlebt man Überraschungen und Wendungen mit denen nicht unbedingt zu rechnen war. Mich hat etwas enttäuscht, das schlussendlich - wie doch etwas zu oft in Romanen / Krimis / Thrillern - eine psychische Erkrankung einer Hauptfigur als "Erklärung" hinhalten muss.
Insgesamt ließ sich das Buch ausgesprochen gut und angenehm lesen, die Geschichte dahinter war mir jedoch - vielleicht auch aufgrund ihrer deutlichen Zweigeteiltheit - nicht vereinnahmend genug.