Krimmwing verzeiht nichts!

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
milena Avatar

Von

Klar sind 22 Euro viel für so ein dünnes Büchlein, da es darüber hinaus auch schwer fällt, es als Roman im klassischen Sinne zu bezeichnen. Anna Herzig erzählt aber auch famos über das fiktive Dorf Krimmwing und seine Einwohner. Ihr Thema ist das Mensch-sein und das Anders-sein. In der idyllischen dörflichen Gemeinschaft wird nur anerkannt, bestenfalls geduldet, wer sich nahtlos anpasst und einfügt und durch nichts Außergewöhnliches auffällt. Ansonsten ist es vorbei mit der Idylle und Neid, Hass und üble Nachrede übernehmen das Ruder. In der bornierten Welt der Dörfler darf nur sein, was man kennt und einzuordnen weiß, alles andere gefährdet offensichtlich das eigene Leben und muss zerstört werden. Der Rathbauer schminkt sich gerne und trägt im Verborgenen Damenkleidung, kann dies aber nicht ausleben. Der Josef Steinlachner hat einen südafrikanischen Vater und ist daher dunkelhäutig, was genügt, ihn auszugrenzen. Rosa hat ein Kind, aber keinen Vater dazu. Die Liesl hat große Träume für das kleine Dorf und, was viele sexuelle Phantasien beflügelt, gleich drei Brüste. Der Autorin gelingt es vortrefflich, die Leser:innen in der Schwebe zu halten, was tatsächlich passiert ist, was nur Gerüchte sind und was nur in der Phantasie der Menschen passiert sein könnte. Von mir eine eindeutige Leseempfehlung und ein Plädoyer für eine Nachhilfestunde in Toleranz!