Großartiger Thriller

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
marionhh Avatar

Von

In Marseille wird eine blinde, schöne junge Frau ermordet und zerstückelt. Kurz darauf wird in Stockholm der Zollbeamte Bengt Sahlmann erhängt aufgefunden. War das wirklich Selbstmord? Olivia Rönning, gerade von ihrem Selbstfindungstrip nach Mexiko auf den Spuren ihrer Mutter und nach ihrer eigenen Herkunft zurückgekehrt, wird zunächst aus Hilfsbereitschaft in den Fall ihres toten Nachbarn mit hineingezogen. Bald verstrickt sie sich immer tiefer in die Sache und stellt bei ihren Nachforschungen fest, dass ihr Fall nicht nur mit dem Marseiller Mord, sondern auch mit ihrer Lieblingsfeindin Jackie Berglund sowie mit dem Lieblingsfeind Tom Stiltons, Rune Forss, zusammenhängt und weitaus weitere Kreise zieht, als sie sich hat träumen lassen.

Kriminalkommissarin Mette Olsäter kann nicht verhindern, dass sich ihre Freunde eigenmächtig einmischen und zudem jeder seinen eigenen Racheplan verfolgt. So versucht Tom seinen Erzfeind Forss aus dem Verkehr zu ziehen und Abbas den Tod des blinden Mädchens zu rächen, das er einmal gut gekannt hat. Nach und nach verknüpfen sich die Fälle und dadurch die Handlungen der Freunde immer mehr, und nicht immer geht alles glimpflich aus. Bald überschlagen sich die Ereignisse, es geschehen weitere Morde, Mette erleidet einen Herzinfarkt, Olivia gerät mehrfach in große Bedrängnis, und Tom Stilton wird des Mordes verdächtigt.

Großartiger 2. Fall des ungewöhnlichen Ermittlerteams um Mette, Tom, Abbas und Olivia! Falls überhaupt möglich fast noch besser als der erste Band „Die Springflut“, lässt „Die dritte Stimme“ keine Thrillerfan-Wünsche offen! Die verschiedenen Perspektiven erlauben tiefe Einblicke in Täter, Opfer und Ermittler und der fesselnde Schreibstil des Autorenduos tut sein Übriges, alles um sich herum zu vergessen und tief in die Geschichte einzutauchen. Ehe man sich versieht steckt man mittendrin, stellt Hypothesen auf, zieht (meist falsche) Schlüsse und wird durch Wendungen und Geschehnisse immer wieder überrascht. So ist auch die Auflösung einigermaßen überraschend und durchaus befriedigend. Das Ende lässt zudem auf weitere Fälle hoffen!

Den Autoren gelingt es meisterhaft, die verschiedenen Handlungsstränge miteinander zu verknüpfen und dabei auch noch ausführlich auf die einzelnen Konflikte der Protagonisten einzugehen. Insofern ist es auch ratsam, den ersten Band gelesen zu haben, man versteht die Handlungen und die Psyche der Personen einfach besser und ihre Reaktionen sind nachvollziehbarer. Wie eng die beiden verknüpft spiegelt sich auch am durchaus verstörenden Cover wider, die beide sehr ähnlich sind. Die Fälle sind aber in sich abgeschlossen und deren Auflösung versteht man auch so, die Spannung baut sich mit jeder Seite kontinuierlich auf. Besonders Olivia ist ein komplizierter und interessanter Charakter, sie verarbeitet in diesem Band ihre traumatischen Erlebnisse aus dem ersten Band und – auch wenn sie am Ende wieder ein schreckliches Ereignis erleben muss – geht gestärkt aus dem Fall hervor. Ebenso interessant sind Tom Stilton und Abbas al Fassi, die jeder für sich eigenwillig und skrupellos ihre Ziele verfolgen, aber ebenso treu und loyal zu ihren Freunden stehen und zur rechten Zeit an Ort und Stelle sind, wenn ihre Hilfe benötigt wird. Ohne Olivias, Toms und Abbas‘ Mithilfe hätte Mette, die geniale Analytikerin, die Verknüpfungen nicht erkannt und die Fälle nicht so schnell gelöst. Dieses Team ist ebenso unkonventionell wie unschlagbar! Doch auch Mette haut ihre Freunde mehr als einmal aus brenzligen Situationen heraus und hat zudem in ihren Mitarbeitern Bosse und Lisa treue und tatkräftige Mitstreiter, die ebenso verständnisvoll und loyal gegenüber den „Außenstehenden“ sind! Die Charaktere sind bis in die Nebendarsteller hervorragend herausgearbeitet, man will immer mehr über sie wissen. Auch wenn die Stimmung nicht gerade durchweg fröhlich ist, so blitzt doch mehr als einmal köstlich-trockener Humor durch, und einige ironische Kommentare der Protagonisten lassen den Leser schmunzeln. Zum Glück vermeiden die Autoren die für Schwedenkrimis typische, mitunter übertrieben schaurig-düstere Atmosphäre, die ich inzwischen ein bisschen langweilig finde, sondern bauen ganz auf ihre starken Charaktere und die Komplexität der Fälle.

Fazit: Das Lesen sei für alle Thriller- und Krimifans wärmstens empfohlen, und in diesem Zusammenhang sei allen auch gleich Band 1, „Die Springflut“ ans Herz gelegt. In meinen Augen haben wir hier eine überdurchschnittlich gute neue Krimireihe auf dem Markt, die Lust auf Mehr macht und deren Bände bislang beide echte Pageturner waren. Ich jedenfalls freu mich schon riesig auf das nächste Wiedersehen mit Mette, Olivia, Tom und Abbas!