Beklemmend düster und psychologisch faszinierend

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ellus Avatar

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"Die dunklen Sommer" ist fesselnd erzählt und psychologisch absolut packend. Saskia, die sich jahrelang vor ihrer Vergangenheit und vor sich selbst im Haus ihrer Großmutter versteckt hat, muss sich nun den Geheimnissen und der Schuld ihrer Jugend stellen.

Die Stärke des Romans liegt zum einen im Spannungsaufbau und der geschickt aufgebauten Handlung, in der die Geheimnisse erst nach und nach ans Licht gelangen, zum anderen in der Charakterisierung, die unglaublich vielschichtig und in den Beweggründen und Reaktionen der Figuren absolut realistisch ist.
Die Charaktere bleiben zwar alle recht fremd und schwer greifbar, auch wirkt keiner so richtig sympathisch, auch die Protagonistin Saskia selbst nicht. Da sie aber aus Saskias traumatisierter, oft manipulierter Perspektive gesehen werden, überrascht es nicht, dass sie zu Menschen kein tiefes Vertrauen mehr fasst.

Auch der Begriff der Mutter, der sich thematisch durch den Roman zieht, war für mich sehr klug eingesetzt, durch die verschiedenen Mutterfiguren und Mutterrollen unter den Charakteren, und durch die Metapher der Sauerteig-Mutter.

Sehr spannend finde ich die Frage, wann eine Gemeinschaft mit einer utopischen Idee, die sich in ihrer Lebensweise von der allgemeinen Gesellschaft abgrenzt, von einer Kommune zu einer Sekte wird. Ist es der Moment, in dem sich eine Anführerpersönlichkeit immer mehr heraushebt? Wenn diese die Verbindung zur Realität zunehmend verliert, und ihre Position bedroht sieht? Wenn gedankliche Abweichung auftritt? Oder verdichtet gerade der Druck von außen und das Anderssein selbst die Gemeinschaft, da sie sich in der Selbstwahrnehmung sicher nicht als Sekte bezeichnen?

Sehr spannende Lektüre über die Abgründe, die Schwäche und die Stärke von Menschen, die noch lange in Gedanken bleibt!