In Russia in Love

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Natürlich kennt jeder Russland. Zumindest diesen Teil von Russland, von dem täglich in den Medien berichtet wird: Unterdrückung, Armut, selbstherrliches Machtverständnis.
Wie aber geht es aber den Durchschnittsmenschen, die in keiner Reportage vorkommen, deren tägliches Leben zu banal für große Berichte ist? Eine Antwort darauf gibt A.D. Millier in seinem Debütroman mit dem pilcheresken Titel „Die eiskalte Jahreszeit der Liebe“. Obwohl ich aufgrund dieses Titels wirklich abgeschreckt war, komme ich nicht umhin zu bemerken, dass der Titel ziemlich genau ins Schwarze trifft.
Nick ist ein Anwalt für eine prosperierende englische Bank und ist in der russischen Diasporra für die Abwicklung großer Deals zuständig. Sein ödes Durchschnittsleben ändert sich aber rasch, als er in der U-Bahn-Station zwei jungen Mädchen zu Hilfe eilt und sich daraufhin in eine der beiden verliebt. Schnell gerät Nick in einen gefährlichen Strudel, in dem schon bald nicht nur seine Liebe auf dem Spiel steht.
Rückblickend erzählt Nick seine Geschichte, einer Beichte nicht unähnlich, an seine ehemalige Freundin, durch deren Augen man die Geschichte sieht. Man sieht die tägliche russische Mischung aus Reichtum und bitterer Armut, das tägliche und das Nachtleben und noch viel mehr.
Dieser vermittelte Alltag wirkt sehr authentisch und vermag vollkommen zu überzeugen.
Leider habe ich ein großes Problem mit den Personen und der Vorhersehbarkeit der Geschichte. Nick gereicht Robert Musils „Mann ohne Eigenschaften“ wirklich zu Ehren. Seltsam passiv und antriebslos lässt er sich in den Strudel um Liebe und Betrug ziehen und akzeptiert alles distanziert und ohne zu hinterfragen. Obwohl man schon von Beginn an ahnt, dass die Geschichte nicht gut ausgehen wird, sieht man Nick dabei zu, wie er ins eigene Verderben rennt.
Das könnte alles hochspannend sein, nur leider wiesen mir dazu die Protagonisten allesamt sowie die Handlung zu wenig Profil auf, um längerfristig in meiner Erinnerung verhaftet zu bleiben.

So bleibt der Eindruck: Tägliches Leben und Schilderung der russischen Seele: Top, Charaktere und Handlung: So Lala – insgesamt ein durchschnittliches Buch das für all diejenigen interessant sein dürften, die einen Blick in das russische Alltagsleben werfen wollen.