Macht Lust auf mehr - und auf Eis

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jiskett Avatar

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Auf das Buch aufmerksam geworden bin ich durch das wirklich wunderschöne Cover, das große Lust darauf macht, sich schnell ein paar Kugeln Eis zu holen. Es versetzt definitiv in die richtige Stimmung für die Lektüre.

Das erste Kapitel ist unterhaltsam. Es geht um den Vater des Ich-Erzählers, der zufällig in die Olympischen Spiele von 2012 hineinschaltet, als das Drama um Betty Heidlers Wurf stattfand. Ich kann mich noch sehr gut an diese Episode erinnern, aber so, wie der Erzähler die Sicht des Vaters ("Beppi") beschreibt - als ein Art Spielfilm mit einer tragischen Heldin, ja, einer Prinzessin - wirkt das ganze wirklich komisch. Andererseits muss ich auch sagen, dass der Vater mir nicht gerade sympathisch ist... vor seiner Ehefrau eine Sportlerin als Liebe seines Lebens zu bezeichnen, ist nicht gerade charmant. Allerdings sagt der Ich-Erzähler Giovanni selbst, dass das Alter den Charakter seines Vaters 'verdorben' habe...
Das Kapitel darüber, wie der Urgroßvater das Eis entdeckt hat, ist ebenfalls nicht uninteressant. Mir hat vor allem gefallen, wie ihm von Speiseeis erzählt wird und der Junge sich einfach nicht vorstellen kann, wie aus gefrorenem Schnee leckeres Eis werden soll, weil das wirklich realistisch ist (auch wenn ich ihm widersprechen muss... ich habe Schnee immer gerne gegessen. An mir ist die "universale Enttäuschung" wohl vorbeigegangen). Und die Beschreibung, wie das Eis gemacht wird... hat mir WIRKLICH Lust gemacht, mir welches zu holen. Es klang lecker, so absurd sich das vielleicht anhört. Und dann hat der Autor Fakten über die Geschichte des Eises eingebaut, zum Beispiel über Frederic Tudor, was für mich sehr interessant war. Davon hätte ich gerne mehr gehabt.

Die Beschreibungen sind alle wahnsinnig gut, man hat beim Lesen wirklich die Szenerie vor Augen und der Autor findet stets passende Vergleiche. Der Schreibstil passt gut zu Giovanni, einem Schriftsteller, der Poesie liebt, und er lässt sich leicht lesen. Die Geschichte selbst ist vielversprechend. Die 'Familiendramen' (wie die unglückliche Liebe des Vaters) interessieren mich persönlich weniger als die Szenen, in denen es ums Eis geht, aber da das Verhältnis bisher recht ausgeglichen ist, spielt das nicht wirklich eine Rolle.