Die Last der Familientradition

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Der Autor des Romand „Die Eismacher“, Ernest von der Kwast, ist bereits mehrfacher Bestsellerautor. In seiner niederländischen Heimat feierte er mit seinem neuen Roman bereits einen neuen schriftstellerischen Erfolg. Der Roman handelt von einer Eismacherfamilie, aber ebenso auch von der Liebe zur Poesie und dem Widerstand sich einem vorbestimmten Leben zu beugen.

Die Familie Talamini betätigt sich seit Generationen im Eisgeschäft. Während der Gründer der Eisdynastie noch in Südtirol die Anfänge der Speiseeisentstehung mitprägte, lebt die Familie nun den Sommer über in den Niederlanden und der junge Geschäftsinhaber Luca Talamini erprobt sich – ganz wie einst sein Urgroßvater - an immer innovativeren Eiskreationen, die die Kunden begeistern. Doch das Leben als Eismacher hat auch seine Schattenseiten, denn genauso alt wie die Familientradition der Eisherstellung ist auch der Widerstand der Kinder das Geschäft der Eltern zu übernehmen und weiterzuführen. Denn ein Eismacher führt ein hartes Leben – lange Arbeitstage, keinen Sommer und keine Zeit für persönliche Interessen. Darum beschließt der Hauptakteur des Romans, Giovanni Talamini, aus seinem ihm vorbestimmten Leben auszubrechen. Während er sich der Poesie widmet, Gedichtfestivals veranstaltet und ständig um die ganze Welt reist, ist sein jüngerer Bruder, ebenso wie seine restliche Familie und wie schon seine Vorfahren an das Eisgeschäft gebunden.

Entgegen dem Eindruck der durch den Klappentext zunächst vermittelt wird, handelt es sich bei dem Roman um ein tiefsinniges Buch. Die locker leichte Sprache, ein fröhliches Cover und der Gedanke an leckeres Eis im Sommer täuschen den Leser zunächst über das harte Leben eines Eismachers hinweg. Doch nach einigen Kapiteln wird klar, unter der Fassade verbirgt sich ein Drama – die Last der Kinder ein Geschäft und damit eine Lebensaufgabe zu übernehmen, die sich diese nie ausgesucht haben und die sich ein anderes Leben wünschen würden. Ein sich über Generationen ausdehnendes Familiendrama wird sichtbar. Das Leben jeder Generation in diesem Geschäfts könnte so schön und einfach sein, würden sie nicht in der Pflicht stehen als Eismacher geboren zu sein, ganz nach dem immer wiederkehrenden Satz „Wir wohnen auf Gold, aber wir kommen nicht heran“. Giovanni schafft den Bruch mit dieser Tradition, doch er und seine Familie haben auch einen Preis dafür zu zahlen. Schuldzuweisungen auf der einen Seite und ein schlechtes Gewissen auf der anderen, prägen ab nun das Leben der einzelnen Familienmitglieder. Verhärtete Fonten und viele Jahre der Sprachlosigkeit zwischen den Brüdern sind die Folge. Am Ende bleibt die Frage offen, wie sich Giuseppe, der einzige und jüngstem Spross der Familie und Nachfolger Lucas, entscheiden wird, denn auch diesem erscheint die Übernahme des Eisgeschäfts als Bürde.

Giovanni bleibt zum Schluss nur ein denkwürdiges aber universelles Resümee, das sicher nicht nur für eine Eismacherfamilie gilt, sondern dessen wir uns allen bewusst sein sollte: „Wir wollen so vieles an die nächste Generation weitergeben. Eine bestimmte Lebensweise. Nichts will man verloren gehen sehen, weil man sich sonst selbst infrage stellen müsste“ S. 349