Melancholisch und fast schon bitter

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kindder80er Avatar

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In unseren Gefilden ist ein Sommer, ohne dass es an jeder Ecke eine erfrischende und zartschmelzende Kugel Eis gibt, einfach unvorstellbar. Faszinierend war es deshalb, ein wenig von den Anfängen des uns bekannten Speiseeises zu erfahren. Anfang des 19. Jahrhunderts ging es langsam los und es wurden keine Kosten und Mühen gescheut, riesige Mengen Eisblöcke auch über Wochen mit dem Schiff zu transportieren. Auch wenn dabei beträchtliche Mengen schmolzen, kam noch einiges davon am Zielort an, so dass man unter Zuhilfenahme von Metallzylinder und Salz die Eismasse immer wieder an das durch das Wassereis gekühlte Metall streift, und durch permanentes Abstreifen cremig machte. Erst Ende des 19. Jahrhunderts erreichte das Speiseeis mancherorts die weniger wohlhabende Bevölkerungsschicht bis es eben den Siegeszug antrat und wir uns heutzutage die Bäuche damit vollschlagen können.

Diese Geschichte wird anhand der Familie Talamini erzählt, die sich größtenteils dem Eismachen verschworen hat. Außer dem Ich-Erzähler, der viel herum reist und nicht mehr bei seiner Familie lebt. Seine Mutter ruft ihn panisch an, da sich sein Vater aus dem Nichts in eine Hammerwerferin verliebt hat, die er bei der Fernsehübertragung der Olympischen Spielen in London gesehen hat. Sein Bruder Luca ist zu dieser Zeit gerade in Rotterdam, um das Eiscafé zu betreiben. Also eigentlich der ganz normale Wahnsinn einer italienischen Großfamilie und sehr liebevoll und warmherzig beschrieben.

Leider kippt die Erzählweise bald und das Humorige bleibt größtenteils auf der Strecke. Es geht um verpasste Chancen und die Geschichte wird düster melancholisch, fast schon bitter. Auch einige Längen sind zu verzeichnen.

Da ich etwas anderes erwartet hatte, habe ich erst einmal eine Lesepause eingelegt und dann nach einer Woche wieder angefangen. Das hat mir geholfen, um diesem Buch etwas schönes abzugewinnen. Wenn man leichte Sommerlektüre erwartet, kann man nur enttäuscht werden. Liest man das Buch allerdings als Familiengeschichte mit den dazugehörigen Hoch & Runter, wird es eine runde Geschichte.

Okay, es gab einige Längen und mir hätte eine "leichtere" Geschichte besser gefallen, aber insgesamt hat mich das Buch dennoch bei der Stange gehalten und die Familie wuchs mir Seite um Seite ans Herz.