Eine Frage der Menschlichkeit

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brittali Avatar

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"Ich will keines dieser nicht gelebten Leben. Aber ich kann sie nicht von mir abtun. Meine nicht gelebten Leben sind wie mein gelebtes. Sie sind traurig, und ich trage an der Traurigkeit des Lebens mit schlechten Gewissen unter dem Todesschatten, an der Traurigkeit des Lebens in der Nische, an der Traurigkeit des Lebens ohne und gegen die Welt."

Da ist man das ganze Leben an der Seite einer geliebten Person, meint sie zu kennen und nach dem Tod offenbaren sich Geheimnisse, die man nicht für möglich gehalten hätte.

So geschieht es Kaspar, einem Buchhändler aus Berlin, dessen Frau Birgit unerwartet verstirbt.

Neben der Frage, wie gut wir die Menschen kennen, mit denen wir unser Leben teilen, beleuchtet Bernhard Schlink auch das Leben in der DDR und die Probleme die sich vor, nach und während der Wiedervereinigung ergeben haben.

Ein Stück Zeitgeschichte aufgearbeitet durch individuelle Schicksale, die in ihre (staatlichen) Systeme verstrickt sind, lässt Bernhard Schlink mit viel Gefühl für das Wesentliche lebendig werden. Schlink zeigt seinen Leser*innen
das Leben im Osten und im Westen und scheut auch nicht davor zurück die Probleme des Entstehens völkischer Gruppen zu thematisieren.

In diesem Roman geht es um kleine und große soziale Systeme, Ideologien, Lebensentwürfe und letztlich um die Frage der Menschlichkeit.

Gelangweilt hat mich Schlink in keiner Minute. Ein durchaus gelungenes Buch.

4,5 von 4 🌟