Schlinks Vermächtnis für die Zukunft

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thirteentwoseven Avatar

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Das Buch "Die Enkelin" von Bernhard Schlink hat mir trotz einiger Längen gut gefallen. Es ist in 3 Teile gegliedert.
Der erste Teil ist die Liebes- und Lebensgeschichte von Birgit und Kaspar, die mit dem Tod und den Aufzeichnungen von Birgit endet. Kaspar entdeckt darin, dass seine Frau ihm eine Tochter aus einer früheren Beziehung verschwiegen hat. Er muss erkennen, dass Birgit sich ihm auch nach der Flucht aus der DDR nie gänzlich anvertraut hat und ein ruheloser, zu tiefst gespaltener Mensch war.
Im zweiten Teil macht sich Kaspar auf die Suche nach der unbekannten Stieftochter. Er findet sie mit Mann und Tochter in einer völkischen, nationalsozialistisch orientierten Dorfgemeinschaft. Während Svenja und Björn dort tief verwurzelt sind, kommen sich Kaspar und seine Stiefenkelin Sigrun langsam näher.
Im 3. Teil muss sich Sigrun entscheiden, welche Richtung sie ihrem Leben geben will.

Wie auch schon in "Olga" entfaltet Schlink im 1. Teil die zumeist chronologisch verlaufende Vorgeschichte. Dort wird mir zu viel und zu schnell aneinandergereiht. Die Figuren, insbesondere Birgit, entfalten kaum eigenes Leben. Das Lesen macht kein wirkliches Vergnügen. Das ändert sich mit dem 2. Teil, mit dem in meinen Augen die Geschichte erst wirklich beginnt. Die Geschichte eines Großvaters, der um Leben und Schicksal seiner Enkelin ringt. Es ist beeindruckend, zu lesen, wie diese beiden gänzlich unterschiedlichen Menschen aufeinander zu gehen und sich öffnen. Wie ohne Zwang sich Lebensbilder verschieben. Ob Kasper und Sigrun dabei authentische Figuren sind, sei einmal dahin gestellt. Beide sind sie Prototypen von Menschen, die man im wirklichen Leben kaum in dieser Reinheit finden wird. Schlink gelingt es trotzdem, sie mit Leben zu füllen und den Leser auf ihre Annäherungsreise mitzunehmen. Mir jedenfalls haben Teil 2 und 3 des Buches sehr gut gefallen.

Mit " Die Enkelin" hält Schlink ein Plädojer für ein offenes Miteinander, für ein Aufeinanderzugehen, Zuhören und Verstehen trotz großer Gegensätze. Und er zeigt, dass es sich lohnt, sich für die richtigen Werte und die individuelle Freiheit einzusetzen, ohne Zwang auszuüben. Er zeigt, wie eigenes Handeln, die Zukunft prägt, wie wichtig die Impulse sind, die wir senden.

Fazit: Dies ist nicht der beste Schlink, aber ein guter und vor allem zukunftsorientierter!