Vom Suchen und Finden und so viel mehr

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clarmeloth Avatar

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Ein so schlichtes Cover und dahinter ein sprachliches Meisterwerk, unglaublich fundiert und vielseitig.
Der Titel rückt die Enkelin in den Vordergrund, aber eigentlich steht meines Erachtens der “Großvater“ im Fokus, sowie seine Beziehung zu ihr.
Das Buch ist in 3 Teile gegliedert, wobei der abschließende Teil der kürzeste ist, aber absolut brillant ein Ende des Romans setzt.
Zu Beginn wird Kaspar, der “Großvater“ vorgestellt. Sowie seine Frau, die durch seine Augen betrachtet wird, wie er sie gesehen hat, wie er trotz ihrer Fehler und Maßlosigkeit zu ihr gehalten hat. Als sie stirbt, setzt seine Geschichte ohne sie an um gleich darauf wieder zu ihr zurückzufinden durch die gemeinsame Kennenlerngeschichte. Erst danach wird durch ihre Aufzeichnungen deutlich, wie sie selbst sich betrachtet hat, wie verloren, im Prinzip ihr Leben lang auf der Flucht und nie wirklich angekommen. Der Flucht vor ihrer Tochter und später der Suche nach ihr, der Flucht aus der DDR und das damit verbundene fehlende Ankommen in der Ehe. Kaspar zweifelt zunächst, aber ihm gelingt die Suche nach der Tochter, wobei er die Stiefenkelin findet. Und hieraus entspannt Schlink einen Generationskonflikt, ein aneinander Annähren, aber auch einen politischen Disput, den er aus der Perspektive der völkisch aufgewachsenen Enkelin und dem recht liberalen Großvater führt. Dabei bleibt es dem Leser immer wieder offen, welche Argumente er für überzeugender hält. Dennoch wird deutlich, dass der Autor eine Seite präferiert ohne die andere auf eine absolute Weise zu verurteilen oder zu verherrlichen. Wirklich fantastisch geschrieben, bietet dieser Roman so viele Ansätze zum Nachdenken.