Die "listige" Sieben, hinreißende Wortschöpfungen und Mut, der bis an seine Grenzen geht

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Adam Riese, heute Dozent für Linguistik, ist der Sohn von Oda und Hubert und braucht für seine Sicherheit das Erstellen von sytematischen Listen, die er stets mit sieben Punkten versieht. Zu Beginn der Geschichte stellt für ihn ein Speed Dating eine ungeahnte Herausforderung dar, weil das Ereignis mit seinen Alltagsroutinen so rein gar nichts zu tun hat. Schon im Alter von 4 Jahren hieß es, dass mit ihm nicht alles so laufe, wie es einem Kind in seinem Alter entsprochen hätte. Als Adam 13 Jahre alt war, kehrte sein Vater nicht nach einer Pilgerreise nach Hause zurück. Das Buch ist in der Gegenwart Adams und Rückblende seiner Familienereignisse verfasst. Nachdem seine Mutter in einer Buchhandlung ein Buch mit dem Namen "Die Erfindung der Sprache" entdeckt hatte, in dem eine Erfindung seines Vaters benannt wurde, die er für Adam gemacht hatte, als er noch ein Baby war, war klar, dass er noch am Leben war. Oda bittet ihren Sohn die Autorin des Buches ausfindig zu machen. Gemeinsam machen sich Zola, die Autorin, und Adam auf die Suche nach Hubert. Ab dieser Stelle hat die Autorin eindrücklich, verhaltenstherapeutisch gleich gezeigt, was Menschen brauchen, um sich aus der Komfortzone heraus bewegen zu können- seien sie noch so ängstlich und traumatisiert. Nicht alles was scheinbar Halt gibt, macht auch Sinn.

Anja Baumheier kreiert gekonnt Wortverbindungen und die Sinne ansprechende Adjektive, dass die Lesenden sogleich das Salz des Meeres schmecken oder das behaglich kuschelige Fell der zimtbraunen Katze Zola spüren, die sich an sie schmiegt. Sie zeigt mit ihrer gekonnten Ausdrucksweise wie Worte ganze Welten und Wirklichkeiten erschaffen und in Adams Leben rufen, ohne, dass er ab einem gewissen Punkt noch etwas dagegen tun konnte oder es gar kontrollieren, wie er es zuvor in seinem einst eintönigen Leben getan hatte. Worte wie "meerwassergesalzen", Synapsendickicht", "sandpapierrau" mögen veranschaulichen, was ich meine. Auch einzelne Sätze sind so schön, dass sie auffordern nochmals gelesen zu werden wie "Oda fühlte sich emotional sehr, sehr moll, in einer schwermütigen Art verloren zwischen Grundtönen und kleinen Terzen", S. 474.

Einen Punkt Abzug gibt es für die Länge, insgesamt etwas zu langatmig. Das Buch wäre inhaltlich mit zwei Drittel des Umfangs ausgekommen. Das Ende des Buches ist mir persönlich etwas zu unrealistisch. Dennoch der Weg des Dramas hin zur beflügelten Leichtigkeit eines vermeintlichen Good Feeling Happy Ends, von der Hölle in den Himmel- das vermag nur die Sprache allein und um sie geht es hier schließlich.