Skurril aber sicher nicht langweilig

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
hunderttausend bücher Avatar

Von

Ich weiß gar nicht wo ich bei dieser Rezension anfangen soll. Denn so wie die Hauptfigur Aliza, hat sich anscheinend auch Thomas Sautner vorgenommen einen Roman über das Leben zu schreiben – und dementsprechend komplex und vielschichtig ist dieses Buch geworden.
Besonders gut hat mir der Anfang des Buches gefallen. Ich hatte Angst, dass ein Buch, das sich so ein allumfassendes Thema vorgenommen hat hochgradig verwirrend und konfus sein könnte. Aber ganz im Gegenteil, der Autor beginnt das Buch mit einer sehr geraden Handlungslinie. Egal ob gerade die Hauptfiguren oder Passanten beschrieben werden, ich hatte sofort das Gefühl komplett in den Roman einzutauchen und war hellauf begeistert. Es hat mir wirklich alles an der ersten Hälfte des Buches gefallen. Ich konnte mir Litstein und seine Bewohner grafisch vorstellen und ich muss sagen, dass der Autor ein außerordentliches Gespür für besondere und einzigartige Figuren hat. Vielleicht war es an mancher Stelle etwas skurril aber langweilig dafür nie.
Der Schreibstil des Autors hat mir wirklich unheimlich gut gefallen. Ich hab schon lange kein Buch mehr gelesen, in dem das Geschriebene gleichzeitig so poetisch, aber doch so klar war. Öfters musste ich das Buch nach dem ein oder anderen Absatz kurz sinken lassen, um über den Inhalt und Klang der Worte noch ein weniger länger nachzudenken. Und ja, ab und zu wurde auch mir es etwas zu viel mit dem Abstrakten, aber ich bin der Meinung lieber ein wenig zu viel als zu wenig. Auf jeden Fall wird einem mit diesem Buch nicht langweilig, ob man nun nur die Handlung verfolgt oder auf die etwas tiefer verborgenen Andeutungen und Wortspiele achtet.
Manchmal wenn die Handlung schon seit längerem die Richtung geändert hatte, nur um im nächsten Moment wieder in eine komplett neue Richtung umzuschlagen habe ich mich etwas gewundert. Die Frage kommt vielleicht auf, was das nun mit dem Buch zu tun hat. Aber nach kurzem kommt man drauf: natürlich, auch das ist ein essentieller Teil des Lebens!
Das Einzige was ich zu bemängeln habe ist die Langatmigkeit des Buches. Mir hätten wohl auch zwei oder dreihundert Seiten genügt. Noch dazu kam, dass es in der zweiten Hälfte des Buches immer abstrakter wurde und ich mir dann doch ein Zurückfinden oder Zusammenfinden der Handlungsstränge gewünscht hätte.
Am Ende sitzt man dann da mit dem beendeten Wälzer und weiß vielleicht nicht ganz wohin mit den einzelnen Passagen. Ein Raum ohne Namen, eine einsame Tür mitten im Wald, eine Reise durchs All und ein morbider Kleinwüchsiger. Eindeutig viele tolle Konzepte, eindeutig ein tolles Buch und viel Stoff zum Nachdenken!