beste Gothic Novel seit langem

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„Die Ewigkeit in einem Glas“ ist mein erstes Buch von Autorin Jess Kidd und ich bin absolut begeistert. Das Buchcover passt perfekt zum Roman und gibt einen sehr guten Einblick in die Handlung. Die Farben spiegeln die Stimmung der Geschichte wider und die Glasrauten könnten die Mosaiksteinchen repräsentieren, die im Laufe des Buches zusammengesetzt werden.

Jess Kidd erzählt ihre Gothic Novel in der dritten Person. Die 46 kurzen Kapitel spielen in London im Jahr 1963 oder sind Rückblicke in das Leben der Protagonistin. Durch die Einteilung in kurze Kapitel kann der Leser den Zeitsprüngen sehr gut folgen. Zudem ist die Handlung, die 1963 stattfindet im Präsens geschrieben und die Rückblicke im Präteritum. Das Zusammenspiel von Jetzt (1963) und Damals sehr gut gemacht. Die Rückblicke kommen immer genau richtig und geben Hintergrundinformationen, aufgrund derer der Leser das geschehen besser versteht. Dadurch wird die Handlung vielschichtiger und erhält (noch) mehr Tiefe. Eine zusätzliche Dimension ergibt sich durch die in kursiv gedruckten „Märchen“, die Nebenfigur Mrs Bibby erzählt. Besonders gut gefällt mir auch die Verknüpfung von irischen Volksmärchen mit der Handlung. Jess Kidd schreibt sehr poetisch mit detaillierten Beschreibungen. Der Leser ist mitten im Geschehen und erlebt die Handlung mit allen Sinnen. So erhält er auch einen Eindruck von London zur Queen Victorias Zeit. Die Sprache ist poetisch und exzellent. Der Schreibstil angenehm und sehr flüssig. Die Autorin schafft es mühelos, grausame Beschreibungen in Teilen des Buches mit Humor in anderen Passagen perfekt zu kombinieren.

Mit der Protagonistin Privatdetektivin Birdie Devine hat Jess Kidd eine außerordentliche Ermittlerin geschaffen. Bereits ihr Nachname lässt auf ihre Berufung schließen. Birdie Devine wird dem Leser durch eine detailreiche Beschreibung nähergebracht. Außerdem geben die Rückbliche einen tiefen Einblick in das Leben der Protagonistin. Sehr gut gefällt mir auch Birdies Sidekick; der Geist des bereits verstorbenen Profiboxers Ruby Doyle. Rubys Anwesenheit hat seinen Grund in Birdies Vergangenheit. Die Erklärung bleibt vage, doch lässt sich erahnen, welche Rolle Ruby in Birdies Leben spielte. Der Beschreibung zufolge muss Ruby eine eher komische Erscheinung sein. Auf jeden Fall ist er ein herzensguter Geist und selbsternannter Beschützer von Birdie. Letzteres birgt als Geist auch seine Schwierigkeiten. Neben Ruby gibt es noch weitere herausragend beschriebene Charaktere, die auf Birdies Seite stehen, wie ihre Haushälterin und der Kommissar. Dem gegenüber stehen die Bösen: Kuriositätensammler und Chirurgen, die vor Publikum Operationen durchführen. Ein interessanter Charakter ist auch die verschwundene Christabel. Unabhängig davon, auf welcher Seite sie stehen, alle Personen sind individuell und detailliert beschrieben, zusätzlich entsprechen viele nicht der Norm.

Fazit: Bisher mein Lesehighlight in diesem Jahr und eine absolute Empfehlung für Fans von Gothic Fiction. Nichts in der Geschichte ist zufällig. Jedes kleinste Detail hat seine Berechtigung und wird wieder aufgegriffen, so dass am Ende alles zusammenkommt. Ein wirklich außerordentlicher Roman. Die Detektivin Birdie ist eine großartig ausgearbeitete Protagonistin und ich würde mir wünschen, sie in anderen Fällen wiederzusehen. Allerdings befürchte ich, dass dem nicht so sein wird. Meiner Meinung nach ist „Die Ewigkeit in einem Glas“ nicht als (Beginn einer) Reihe gedacht. Zudem würde es wahrscheinlich schwer werden, das hohe Niveau aufrechtzuerhalten, und immer wieder so komplexe und passgenaue Zusammenhänge zwischen Birdies Leben und ihren Fällen zu kreieren.